Gentle Parenting: Was wirklich dahinter steckt und wie es funktioniert

Es ist ein Bild, das viele kennen: Ein Kind, das im Supermarkt tobt, schreit und um sich tritt. Die Mutter oder der Vater steht daneben, wirkt hilflos, versucht sanft, das Kind zu beruhigen – und zieht sich dann wieder zurück, während der Wutanfall weitergeht. Szenen wie diese, oft gefilmt und auf TikTok oder Instagram geteilt, werden schnell als Beispiele für „Gentle Parenting“ abgestempelt. Doch dieses Label ist irreführend und hat zu viel Kritik geführt. Viele denken, Gentle Parenting bedeute, Kinder einfach machen zu lassen, was sie wollen. Aber das ist ein großes Missverständnis.

Was Gentle Parenting wirklich bedeutet

Gentle Parenting ist keine laissez-faire Erziehungsmethode. Es geht nicht darum, Kindern keine Grenzen zu setzen oder sie nicht zu disziplinieren. Im Gegenteil: Unterstützung, Zusammenarbeit und Autonomie sind wichtige Elemente, aber auch Disziplin und klare Grenzen. Es ist keine extreme Position auf dem Erziehungsspektrum, sondern eine Kombination verschiedener Ansätze, die das Beste aus beiden Welten vereinen. Viele Eltern sehen Gentle Parenting als eine Art „Erlaubnis“ an, ihre Kinder nicht zu erziehen oder zu korrigieren. Doch das stimmt nicht. Es geht darum, eine starke, liebevolle Beziehung zu deinem Kind aufzubauen, die auf Respekt und Verständnis basiert.

Die Verwirrung entsteht oft, weil Gentle Parenting mit permissiver Erziehung verwechselt wird. Permissive Eltern vermeiden es, „Nein“ zu sagen, und verzichten auf Struktur, Konsequenz und Grenzen. Sie stellen die Freiheit über die Verantwortung. Gentle Parenting hingegen setzt auf den Aufbau einer Verbindung durch Empathie, Respekt und Verständnis, integriert aber gleichzeitig Regeln, Erwartungen und altersgerechte Disziplin.

Die größten Mythen über Gentle Parenting

Es gibt viele falsche Vorstellungen über Gentle Parenting, die in den sozialen Medien kursieren. Hier sind drei der häufigsten Mythen:

  1. Gentle Parenting bedeutet, Kinder dürfen alles.
  2. Gentle Parenting ist inkonsequent und unstrukturiert.
  3. Gentle Parenting funktioniert nicht bei älteren Kindern.

Diese Mythen sind weit verbreitet, aber sie entsprechen nicht der Realität. Gentle Parenting ist ein durchdachter Ansatz, der darauf abzielt, Kinder zu selbstständigen, verantwortungsbewussten und empathischen Erwachsenen zu erziehen. Es geht darum, eine sichere und liebevolle Umgebung zu schaffen, in der Kinder lernen können, ihre Emotionen zu regulieren und gesunde Beziehungen aufzubauen.

Gentle Parenting: Der Kern der Debatte

Liebevolle Erziehung: Der Kern der Debatte

Die Wahrheit über Gentle Parenting

Um zu verstehen, was Gentle Parenting wirklich bedeutet, ist es wichtig, sich auf die Kernprinzipien zu konzentrieren. Amber M. Diamond Green, MA, LCMHC, NCC, Clinical Director und Mental Health Therapist bei Mathews Counseling in North Carolina, erklärt, dass Gentle Parenting ein Ansatz ist, der auf die individuellen Bedürfnisse des Kindes zugeschnitten ist. Es ist keine Einheitslösung, sondern ein flexibler Rahmen, der an die jeweilige Situation angepasst werden kann. Im Kern geht es darum, die Entwicklung des Kindes auf eine Weise zu unterstützen, die auf seine individuellen Bedürfnisse und seine Entwicklungsbereitschaft eingeht.

Gentle Parenting bedeutet, zu erkennen, dass die Art und Weise, wie wir unsere Kinder von anderen gesehen und behandelt wissen wollen, damit beginnt, wie wir sie zu Hause behandeln.

Gentle Parenting bedeutet nicht, dass Eltern ihre Kinder verwöhnen oder ihnen alles erlauben. Es bedeutet, dass sie eine unterstützende und liebevolle Umgebung schaffen, in der Kinder lernen können, ihre Emotionen zu regulieren und gesunde Beziehungen aufzubauen. Es bedeutet auch, dass Eltern bereit sind, ihre eigenen Fehler einzugestehen und sich bei ihren Kindern zu entschuldigen, wenn sie falsch gehandelt haben.

Kernprinzipien des Gentle Parenting

Was bedeutet Gentle Parenting konkret? Hier sind einige Kernprinzipien, die vielleicht überraschen:

  • Disziplin und Grenzen sind unerlässlich: Gentle Parenting beinhaltet Disziplin und das Setzen von Grenzen, aber auf eine kooperative und einfühlsame Weise. Eltern können und sollten Konsequenzen und positive Disziplin anwenden, während sie gleichzeitig die Emotionen ihres Kindes in einem Konfliktmoment anerkennen.
  • Eltern leben das gewünschte Verhalten vor: Gentle Parenting erfordert, dass Eltern mit gutem Beispiel vorangehen und die Verhaltensweisen, Kommunikationsstile und Problemlösungsfähigkeiten vorleben, die sie ihren Kindern vermitteln möchten. Das Ziel ist es, zu vermeiden, Kinder zu belehren, wie sie sich verhalten sollen oder nicht, ohne es selbst vorzuleben.
  • Fehler eingestehen und sich entschuldigen: Auch Gentle Parents verlieren mal die Geduld. Wichtig ist, dass sie danach Verantwortung übernehmen und sich bei ihren Kindern entschuldigen. Das zeigt den Kindern, dass Fehler menschlich sind und dass es wichtig ist, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen.
  • Förderung der Unabhängigkeit: Ähnlich wie beim Leuchtturm-Prinzip beginnt ein Gentle Parent damit, mehr Unterstützung zu bieten, und lässt das Kind dann allmählich mehr Aufgaben und Entscheidungen selbst übernehmen. Das Ziel ist es, das Kind zu befähigen, selbstständig zu werden, ohne es zu überfordern.

Nehmen wir das Beispiel eines Kindes, das nicht vom Spielplatz nach Hause gehen möchte. Ein Gentle Parent würde nicht einfach sagen: „Wir gehen jetzt nach Hause, weil ich das sage!“ Stattdessen würde er sich auf Augenhöhe begeben, die Gefühle des Kindes anerkennen („Ich verstehe, dass du traurig bist, weil du noch spielen möchtest“), aber dennoch die Notwendigkeit des Aufbruchs erklären („Es ist aber schon spät und wir müssen noch Abendessen machen“). Dann könnte er dem Kind eine Wahl anbieten („Möchtest du zum Auto laufen oder soll ich dich tragen?“). Wenn das Kind sich weiterhin weigert, würde der Elternteil es ruhig hochheben und gehen, aber gleichzeitig weiterhin Empathie zeigen und erklären, warum es wichtig ist, auf die Eltern zu hören.

Es ist nie zu spät für Gentle Parenting

Gentle Parenting bedeutet zu erkennen, dass die Art und Weise, wie wir unsere Kinder von anderen gesehen und behandelt wissen wollen, damit beginnt, wie wir sie zu Hause behandeln – und es ist nie zu spät, damit anzufangen, sagt Diamond Green. Auch wenn du bisher einen anderen Erziehungsstil verfolgt hast, kannst du immer noch zu Gentle Parenting wechseln, solange du bereit bist, dich zu engagieren. In späteren Jahren geht es darum, Vertrauen aufzubauen, das vielleicht zuvor gefehlt hat.

Gerade bei Teenagern kann es anfangs Skepsis geben, wenn Eltern plötzlich gesprächsbereit sind, anstatt zu schreien oder zu bestrafen. In diesem Fall kann es hilfreich sein, gemeinsam nach Lösungen zu suchen und dem Jugendlichen nach und nach mehr Freiheit und Entscheidungsbefugnis einzuräumen. Entscheidend ist, dass dein Kind – egal wie alt – sich gehört und respektiert fühlt, auch wenn es anfangs die Grenzen austestet.

Die Botschaft ist klar: Gentle Parenting ist nicht nur eine Modeerscheinung, sondern ein tiefgreifender Ansatz, der darauf abzielt, starke, liebevolle Beziehungen zu unseren Kindern aufzubauen. Es erfordert Geduld, Empathie und die Bereitschaft, sich selbst zu reflektieren, aber die Ergebnisse – selbstbewusste, verantwortungsbewusste und glückliche Kinder – sind die Mühe wert.

Fazit

Gentle Parenting ist mehr als nur ein Erziehungsstil; es ist eine Philosophie, die auf Respekt, Empathie und Verständnis basiert. Es geht darum, eine starke Verbindung zu deinen Kindern aufzubauen, ihnen Grenzen zu setzen und sie gleichzeitig zu ermutigen, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen und Verantwortung zu übernehmen. Es ist ein Weg, um Kinder zu selbstständigen, verantwortungsbewussten und glücklichen Erwachsenen zu erziehen. Es ist nie zu spät, mit Gentle Parenting zu beginnen, und es kann eine transformative Wirkung auf deine Familie haben. Durch die Anwendung der Kernprinzipien wie das Setzen von Grenzen, das Vorleben von Verhalten, das Eingestehen von Fehlern und die Förderung der Unabhängigkeit, können Eltern ihren Kindern helfen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen und gesunde Beziehungen aufzubauen.

QUELLEN

parents.com

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