Der Wunsch nach einem flauschigen Freund, einem treuen Begleiter mit kalter Schnauze oder einem schnurrenden Fellknäuel – kaum ein Kind, das diesen Wunsch nicht irgendwann äußert. „Mama, Papa, ich will einen Hund/eine Katze/ein Meerschweinchen!“ Doch was steckt wirklich hinter diesem Wunsch, und was sollten Eltern bedenken, bevor sie „Ja“ sagen? Tauchen wir ein in die Welt der Kinderträume und elterlichen Verantwortungen.
Der süße Blick und die große Verantwortung
Es beginnt oft mit einem unschuldigen Blick, vielleicht verstärkt durch den Besuch eines Streichelzoos oder dem Anblick eines niedlichen Welpen im Park. Kinder sehen die rosarote Seite eines Haustiers: das Kuscheln, das Spielen, die bedingungslose Liebe. Doch die Realität sieht oft anders aus. Hinter jedem Haustier steckt eine Menge Arbeit, Zeit und Verantwortung. Tiertrainerin und Verhaltenstherapeutin Kaja Lehmann weiß, dass gerade diese Aspekte oft unterschätzt werden. „Bei jedem Haustier gibt es etwas, das auch bei größter Tierliebe keinen Spaß macht, aber das trotzdem erledigt werden muss“, erklärt sie. Denken wir nur an regnerische Spaziergänge mit dem Hund, die tägliche Reinigung des Katzenklos oder die Versorgung eines kranken Tieres. Auch die Kosten für Futter, Tierarzt und Urlaubsbetreuung sind nicht zu unterschätzen. Es ist wichtig, dass Eltern sich dieser Verantwortung bewusst sind und diese auch an ihre Kinder vermitteln.
Tierschutz spielerisch lernen
Wie aber bringt man Kindern den verantwortungsvollen Umgang mit Tieren bei? Katja Lehmann engagiert sich mit ihrem „Herzensprojekt“ „Liebe fürs Leben“ in der Tierschutzerziehung an Schulen. Die Bildungsinitiative, ins Leben gerufen von PURINA und dem Bundesverband Praktizierender Tierärzte e.V., vermittelt Kindern auf spielerische Weise Wissen über die Bedürfnisse von Tieren und den respektvollen Umgang mit ihnen. „Ich kann mir eine Woche ohne einen Schulbesuch kaum noch vorstellen“, sagt Lehmann. Ihr Engagement zeigt, wie wichtig es ist, Kinder frühzeitig für den Tierschutz zu sensibilisieren und ihnen die Grundlagen für eine liebevolle Beziehung zu Tieren zu vermitteln.
Klassenzimmer-Szene: Die Lehrerin erklärt den Kindern etwas, während eine tierische Überraschung auf sie wartet.
Die Initiative „Liebe fürs Leben“ setzt genau hier an. Durch den spielerischen Ansatz lernen Kinder, Tiere als Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen und Gefühlen zu verstehen. Sie erkennen Parallelen zwischen der Tier- und Menschenwelt und entwickeln so ganz natürlich ein Verantwortungsbewusstsein und Mitgefühl. Und das ist entscheidend, denn nur wer die Bedürfnisse eines Tieres kennt, kann ihm auch ein artgerechtes und glückliches Leben ermöglichen.
Die Key-Thesis: Ein Tier ist kein Spielzeug
Im Gespräch mit Eltern.de betont Katja Lehmann, wie wichtig es ist, dass Kinder verstehen, dass ein Tier kein Spielzeug ist. Es ist ein Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen und Gefühlen. Ein Tier braucht Zeit, Zuwendung, Pflege und Geduld. Es ist eine langfristige Verpflichtung, die nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte.
Ein Tier ist kein Spielzeug, sondern ein Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen und Gefühlen.
Diese Aussage ist die Quintessenz der Überlegungen, die sich Eltern machen sollten, bevor sie einem Kind den Wunsch nach einem Haustier erfüllen. Es geht darum, die Erwartungen realistisch einzuschätzen und zu prüfen, ob die Familie bereit ist, die Verantwortung für ein Tier zu übernehmen. Es geht darum, dem Kind zu vermitteln, dass Tierliebe mehr bedeutet als nur Kuscheln und Spielen. Es bedeutet, für ein anderes Lebewesen da zu sein, in guten wie in schlechten Zeiten.
Und genau hier liegt die Chance für Eltern. Indem sie ihrem Kind die Realität der Tierhaltung vermitteln, können sie ihm wichtige Werte wie Verantwortungsbewusstsein, Empathie und Respekt beibringen. Sie können ihm zeigen, dass es nicht nur um die eigenen Wünsche geht, sondern auch um das Wohlbefinden eines anderen Lebewesens. Und sie können ihm helfen, zu verstehen, dass manchmal ein „Nein“ die liebevollste Antwort ist.
Die positiven Auswirkungen von Tieren auf Kinder
Doch es gibt auch viele gute Gründe für ein Haustier. Studien haben gezeigt, dass der Umgang mit Tieren positive Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben kann. Körperkontakt mit Tieren kann die Herzfrequenz beruhigen und den Blutdruck senken. Tiere spenden Trost, wenn wir traurig sind, und ihre Freude überträgt sich auf uns Menschen. Besonders Hunde und Katzen geben Kindern das Gefühl, bedingungslos geliebt und akzeptiert zu werden – unabhängig von Aussehen, Leistung oder Statussymbolen. Tiere können das Selbstbewusstsein stärken, die Empathiefähigkeit fördern und das soziale Verhalten verbessern. Sie bieten Gesprächsstoff und können sogar als „Türöffner“ zu anderen Menschen dienen.
Die Aufgabenverteilung: Eltern tragen die Hauptverantwortung
Ein häufiges Problem ist der Gedanke, dass das Kind sich schon um das gewünschte Haustier kümmern wird. Doch Katja Lehmann warnt davor, die Verantwortung komplett auf das Kind zu übertragen. „Kinder sind Kinder, sie vergessen mal etwas, sie haben mal keine Lust, sie überdenken manche Folgen ihres Handelns nicht – und das ist in Ordnung, weil es Kinder sind! Aber das Tier darf nicht darunter leiden!“ Eltern müssen sich bewusst sein, dass sie die Hauptverantwortung für das Tier tragen. Kinder können und sollen mithelfen, altersgerechte Aufgaben übernehmen – aber die Eltern müssen sicherstellen, dass das Tier ausreichend versorgt und betreut wird.
Diese klare Aufgabenverteilung ist entscheidend für das Wohlbefinden des Tieres. Es geht nicht darum, dem Kind die Freude an der Tierhaltung zu nehmen, sondern darum, ihm zu zeigen, dass Verantwortung und Fürsorge untrennbar mit der Tierliebe verbunden sind. Eltern können ihrem Kind altersgerechte Aufgaben übertragen, wie z.B. das Füttern, das Bürsten oder das Spielen mit dem Tier. Wichtig ist, dass diese Aufgaben regelmäßig und zuverlässig erledigt werden und dass das Kind dabei von den Eltern unterstützt und angeleitet wird.
Was Kinder aus dem Tierschutzunterricht mitnehmen sollen
Was ist Katja Lehmann besonders wichtig, was die Kinder aus ihrem Tierschutzunterricht mitnehmen? „Das Verständnis, dass Tiere, ebenso wie die Kinder selbst, Individuen sind, mit ganz unterschiedlichen Charakteren, dass sie traurig oder glücklich sein können, Spaß haben oder sich langweilen, dass sie Freundschaften und manchmal auch Feindschaften eingehen, erkranken können und Angst oder Wut empfinden können, ist sehr grundlegend.“ Ebenso wichtig ist es, dass Kinder verstehen, dass Tiere ganz ähnliche Grundbedürfnisse wie Menschen haben: Wasser und Nahrung, Liebe und Geborgenheit, ein sicherer Schlafplatz, Beschäftigung, Spaß. „Wenn Kinder das im Kopf und im Herzen behalten, fällt Tierschutz gar nicht mehr schwer – und oft begleitet und bereichert die Tierliebe dann das Leben von uns Menschen von der Kindheit an bis ins hohe Alter hinein, es wird also ‚eine Liebe fürs Leben‘!“
Diese Botschaft ist es wert, verinnerlicht zu werden. Denn Tierliebe, die auf Verständnis, Respekt und Verantwortung basiert, ist eine Bereicherung für das ganze Leben. Sie lehrt uns, über uns selbst hinauszuwachsen, uns um andere Lebewesen zu kümmern und die Schönheit und Vielfalt der Natur zu schätzen. Und sie schenkt uns unvergessliche Momente der Freude, Zuneigung und bedingungslosen Liebe.
Fazit: Ein Haustier – ja oder nein?
Die Entscheidung für oder gegen ein Haustier ist eine individuelle Entscheidung, die gut überlegt sein sollte. Es ist wichtig, die Bedürfnisse des Tieres in den Vordergrund zu stellen und zu prüfen, ob die Familie bereit ist, die Verantwortung für ein Tier zu übernehmen. Wenn die Voraussetzungen stimmen, kann ein Haustier eine wunderbare Bereicherung für das Familienleben sein. Es kann Kindern wichtige Werte vermitteln, ihre Entwicklung fördern und ihnen unvergessliche Momente der Freude schenken. Aber es ist auch wichtig, sich bewusst zu sein, dass ein Tier kein Spielzeug ist, sondern ein Lebewesen mit eigenen Bedürfnissen und Gefühlen. Nur wenn wir diese respektieren und achten, können wir eine liebevolle und erfüllende Beziehung zu unseren tierischen Begleitern aufbauen.
Eltern.de