Fake Family: Die Sehnsucht nach Perfektion im Familienleben

Kennen Sie das Gefühl, wenn das Familienleben so gar nicht dem entspricht, was man sich vorgestellt hat? Wenn die Realität hinter den glanzvollen Fassaden auf Instagram und Co. verblasst? Autorin Julia Schmidt-Jortzig hat sich in ihren Gedanken mit dem Konzept einer „Fake Family“ auseinandergesetzt – einer gemieteten Familie, die für perfekte Inszenierungen herhalten soll. Ein Gedankenspiel, das viele Mütter in der heutigen Zeit nachvollziehen können. Doch ist dieser Ausweg wirklich die Lösung?

Die perfekte Fassade vs. die raue Wirklichkeit

Die sozialen Medien sind voll von scheinbar perfekten Familien: strahlende Kinder, harmonische Eltern, aufregende Freizeitaktivitäten. Da kann man schon mal ins Grübeln kommen, ob die eigene Familie nicht irgendwie „unvollkommen“ ist. Die Kinder, die lieber zocken als wandern, der Ehemann, der nach einem langen Arbeitstag lieber auf dem Sofa entspannt als den Garten auf Vordermann zu bringen – all das passt nicht so recht ins Hochglanzbild der digitalen Welt. Doch was, wenn man sich diese perfekte Familie einfach mieten könnte? Einen Ehemann, der Marathon läuft und Smoothies trinkt, Kinder, die begeistert Selfies vor malerischen Landschaften machen?

Die Idee klingt verlockend, doch schnell kommen Zweifel auf. Wer würde dann mit einem Glas Rotwein auf dem Sofa sitzen und über Gott und die Welt philosophieren? Wer würde abends die Kinder ins Bett bringen und ihnen eine Gute-Nacht-Geschichte vorlesen? Die gemietete Familie mag zwar perfekt inszeniert sein, doch echte Nähe und Geborgenheit lassen sich nicht einfach so dazukaufen.

Glückliche Familie im hellen Wohnzimmer

Glückliche Familie im hellen Wohnzimmer: Julia Schmidt-Jortzig spielt mit dem Gedanken einer Fake Family.

Die Flucht in die virtuelle Welt

Wenn die eigene Familie im echten Leben nicht „fancy“ genug erscheint, gibt es noch eine andere Möglichkeit: die Flucht in die virtuelle Welt. Netflix, Online-Games, soziale Medien – die Möglichkeiten sind endlos. Hier kann man in fremde Leben eintauchen, Abenteuer erleben und sich von den eigenen Problemen ablenken. Vor allem nach den anstrengenden Jahren der Pandemie, in denen viele Familien sich in die eigenen vier Wände zurückgezogen haben, erscheint die virtuelle Welt oft als einfacher und weniger anstrengend.

Auch die Kinder flüchten sich gerne ins Virtuelle, treffen sich online zum Gamen oder veranstalten virtuelle Watchpartys. Das ist natürlich weniger anstrengend, als sich wirklich zu treffen: Da müsste man ja die Jogginghose ausziehen (oder anziehen, je nach Mode-Trend) und sich einigen, was man snackt oder wer zum wem radelt. Doch birgt diese Flucht in die virtuelle Realität auch Gefahren?

Die Fähigkeit, Widersprüchlichkeit in all ihren Formen auszuhalten: Gerüche, Unterschiede, Konflikte, Unzulänglichkeiten. Aber die gehörten zum Leben nun mal dazu.

Ein Psychologe, den Julia Schmidt-Jortzig interviewte, wies darauf hin, dass durch das Leben in der virtuellen Realität die „Ambiguitätstoleranz“ abnehme – also die Fähigkeit, Widersprüchlichkeit in all ihren Formen auszuhalten. Gerüche, Unterschiede, Konflikte, Unzulänglichkeiten gehören aber nun mal zum Leben dazu. Und genau diese Erfahrungen sind es, die uns als Menschen prägen und uns helfen, mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen.

Das Karussell der Bedürfnisse

Das Spiel mit dem Gedanken einer „Fake Family“ kann schnell zu einem Karussell der Bedürfnisse werden. Wenn der Ehemann nicht genug im Haushalt hilft, mietet man sich einen anderen. Wenn die Kinder nicht brav genug sind, mietet man sich andere. Doch wo bleibt dabei die Authentizität? Und was passiert, wenn der gemietete Ehemann oder die gemieteten Kinder auch nicht perfekt sind? Beginnt dann die Suche von vorne?

Die Wahrheit ist: Niemand ist perfekt. Jede Familie hat ihre Ecken und Kanten, ihre Stärken und Schwächen. Und genau das macht sie einzigartig und liebenswert. Anstatt nach der perfekten Inszenierung zu streben, sollten wir uns auf das konzentrieren, was wirklich zählt: die Liebe, die Verbundenheit und die gemeinsamen Erlebnisse, die uns als Familie ausmachen. Dazu gehört auch, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und zu kommunizieren. Vielleicht wünscht sich die Mutter mehr Unterstützung im Haushalt, die Kinder mehr Zeit für gemeinsame Aktivitäten oder der Vater mehr Anerkennung für seine Arbeit. Wenn wir offen über unsere Wünsche sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen, können wir ein Familienleben gestalten, das für alle Beteiligten erfüllend ist.

Die Suche nach der Balance

Als Karriere-Mutter steht man oft vor der Herausforderung, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen. Zeitmanagement, Haushaltsorganisation und Kinderbetreuung sind nur einige der Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Dabei ist es wichtig, sich nicht zu überfordern und auf die eigenen Bedürfnisse zu achten. Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, um langfristig gesund und leistungsfähig zu bleiben. Gönnen Sie sich regelmäßig Auszeiten, in denen Sie sich entspannen und neue Energie tanken können. Treffen Sie sich mit Freunden, machen Sie Sport oder lesen Sie ein gutes Buch. Und vergessen Sie nicht, sich Hilfe zu suchen, wenn Sie sie brauchen. Eine gute Kinderbetreuung, ein verständnisvoller Partner oder eine unterstützende Familie können Ihnen den Alltag erleichtern und Ihnen mehr Zeit für die schönen Dinge im Leben ermöglichen.

Es ist verständlich, dass Mütter manchmal nach Wegen suchen, um den Anforderungen des Alltags gerecht zu werden und sich gleichzeitig ein erfülltes Leben zu ermöglichen. Doch anstatt sich in unrealistischen Vorstellungen von Perfektion zu verlieren, sollten wir uns auf das konzentrieren, was wirklich zählt: die Liebe, die Verbundenheit und die gemeinsamen Erlebnisse, die uns als Familie ausmachen. Und vielleicht ist es ja gerade die Unvollkommenheit, die unser Familienleben so besonders macht.

Fazit: Die Schönheit des unperfekten Familienlebens

Die Auseinandersetzung mit dem Konzept der „Fake Family“ zeigt, dass die Sehnsucht nach Perfektion und die Flucht in die virtuelle Welt keine nachhaltigen Lösungen sind. Echte Nähe, Geborgenheit und die Fähigkeit, Widersprüchlichkeiten auszuhalten, sind essenziell für ein erfülltes Leben. Als Karriere-Mütter sollten wir uns auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf konzentrieren, ohne dabei die eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Indem wir offen über unsere Wünsche sprechen, uns gegenseitig unterstützen und die Schönheit des unperfekten Familienlebens wertschätzen, können wir ein harmonisches und authentisches Miteinander gestalten.

QUELLEN

Eltern.de

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