Der Kaffee ist kalt, die Wäscheberge türmen sich, und das Kind schreit nach dem zehnten Vorlesen desselben Buches. Als Mutter zwischen Windeln, Brei und dem Versuch, ein bisschen Schlaf zu erhaschen, kennt man das Gefühl der Erschöpfung nur zu gut. Und dann kommt sie, die Freundin ohne Kinder, mit Ratschlägen, die sich anhören, als kämen sie von einem anderen Stern. „Also, ich würde mein Kind ja niemals so lange vor dem Fernseher parken“, sagt sie, während man selbst froh ist, fünf Minuten Ruhe zu haben. Kennen Sie das auch?
Die lieben, unbedarften Ratschläge
Es ist ein Klassiker: Die kinderlose Freundin, die genau weiß, wie man es „richtig“ macht. Jede Aussage ist gespickt mit einer subtilen Überlegenheit, die einen innerlich aufstöhnen lässt. „Ich würde ja niemals mit meinem Kind im selben Bett schlafen. Das ist doch der falsche Weg!“, tönt es dann. Oder: „Wie, du hast keine Zeit mehr für Sport? Das würde ich niemals aufgeben!“ Man nickt, lächelt gequält und denkt sich seinen Teil. Natürlich ist Schlaf wichtig, und Sport wäre toll, aber wie soll man das bitte mit zwei kleinen Wirbelwinden bewerkstelligen?
Anfangs versucht man vielleicht noch, die Fassade der „perfekten“ Mutter aufrechtzuerhalten. Man will zeigen, dass man trotz Kind noch genauso cool, entspannt und stylish ist wie früher. Treffen mit Freundinnen, perfekt gestylt, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen – bloß keine Schwäche zeigen! Doch die Realität holt einen schnell ein. Das Mamasein lässt sich eben nicht einfach zwischen Power-Pilates und Aperol Spritz quetschen.
Expertin für den Nachwuchs
Wenn die Realität zuschlägt
Nach ein paar Monaten chronischer Übermüdung oder spätestens mit dem zweiten Kind merkt man, dass es so nicht weitergeht. Entweder man verausgabt sich total, um die kinderlose Freundin weiterhin zu beeindrucken, oder man lässt die Maske fallen. Und dann kommt die Frustration. Während man selbst zwischen Kita-Bastelnachmittagen, trotzenden Kindern und dem nächsten Abendessen jongliert, sitzt Sarah im hippen Café und erklärt, warum Mütter einfach entspannter sein müssen. Denn dann ist auch das Kind entspannt. Ja, klar.
Es ist verständlich, dass Mütter in solchen Situationen genervt sind. Manchmal wünscht man sich einfach nur ein bisschen Verständnis und Mitgefühl, anstatt kluger Ratschläge, die in der Theorie vielleicht gut klingen, aber in der Praxis völlig unbrauchbar sind. Manchmal hilft es schon, sich einzugestehen, dass man nicht alles perfekt machen kann und dass es okay ist, auch mal überfordert zu sein.
„Mamasein bedeutet nicht, weniger entspannt, sondern einfach nur anders entspannt zu sein. Entspannt mit sich selbst.“
Freundschaft in der Krise?
Doch was tun, wenn die Freundschaft durch solche Kommentare auf die Probe gestellt wird? Schließlich mag man Sarah ja trotzdem noch. Man teilt den gleichen Humor, hat unzählige Insiderwitze und kann sich stundenlang über alles Mögliche unterhalten – außer eben übers Mamasein. Also, wie geht man damit um, ohne die Freundschaft zu gefährden?
Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass unterschiedliche Lebensphasen oft zu unterschiedlichen Perspektiven führen. Sarah kann sich vielleicht einfach nicht vorstellen, wie anstrengend und herausfordernd das Mamasein wirklich ist. Das bedeutet aber nicht, dass sie einen nicht mag oder einem etwas Böses will. Vielleicht braucht sie einfach noch ein bisschen Zeit, um zu verstehen, was in deinem Leben gerade vor sich geht.
Und auch wenn es schwerfällt: Versuchen Sie, nicht alles persönlich zu nehmen. Oft sind die Kommentare gar nicht böse gemeint, sondern entspringen einfach der Unwissenheit. Atmen Sie tief durch, lächeln Sie und denken Sie sich Ihren Teil. Und wenn es gar nicht anders geht, dann greifen Sie zu einer der folgenden Strategien:
Mama-Strategien für den Freundschaftserhalt
Hier sind bewährte Strategien, die helfen können, die Freundschaft trotz unterschiedlicher Lebensrealitäten zu bewahren:
- Wähle deine Schlachten: Nicht jeder Kommentar verdient eine Antwort. Manchmal ist es besser, einfach zu lächeln, zu nicken und innerlich zu denken: „Warte ab, bis du ein Baby hast, Sarah. Wir sprechen uns wieder, wenn du nachts im Takt eines Flaschenaufbereiterpiepsen lebst.“
- Thema wechseln – charmant, aber konsequent: Wenn das Gespräch wieder in Richtung „Also, ich könnte das ja nicht…“ abdriftet, lenk es um: „Du, Sarah, apropos Schlaf: Erzähl doch mal, wie läuft’s eigentlich bei dir mit der Meditation?“ Oder: „Hast du den neuen Laden für Vintage-Deko entdeckt?“ Das zeigt, dass du an Austausch interessiert bist, aber eben nicht jedes Thema mit ihr besprechen möchtest.
- Das direkte Gespräch wagen: Wenn es wirklich zu viel wird und die Freundschaft zu stark belastet, hilft nur Ehrlichkeit: „Du, Sarah, ich weiß, dass du das alles gut meinst. Aber ehrlich gesagt fühle ich mich manchmal von deinen Kommentaren etwas unverstanden. Vielleicht können wir das Thema Kinder einfach ein bisschen beiseiteschieben?“ Diese Formulierung ist ohne Vorwurf und funktioniert deshalb sehr gut – auf eine liebevolle Art.
- Gemeinsame Erlebnisse finden: Vielleicht könnt ihr beide das Mamasein einfach ausklammern und euch auf Dinge konzentrieren, die ihr beide liebt – sei es ein Konzert, ein Abend voller Trash-TV oder ein ausgiebiger Shoppingbummel. Aktivitäten sorgen dafür, dass oft gar keine großen Gesprächsmomente entstehen, bei denen das Mamasein zum Thema wird – und das braucht es tatsächlich auch manchmal. Und Abwechslung tut auch uns Mamas gut.
Es ist ganz normal, dass sich Freundschaften verändern, wenn sich die Lebensrealitäten auseinanderentwickeln. Aber das bedeutet nicht, dass sie zwangsläufig enden müssen. Mit ein bisschen Geduld, Verständnis und den richtigen Strategien lässt sich die Freundschaft auch durch diese schwierige Phase retten. Und wer weiß, vielleicht lacht ihr eines Tages gemeinsam darüber – vielleicht wenn Sarah selbst Kinder hat und mit einem Baby auf dem Arm klagt: „Warum hat mir denn niemand gesagt, wie anstrengend das wirklich ist?“
Liebevoller Umgang mit sich selbst
Bis dahin gilt: Du bist nicht allein mit diesen Erfahrungen. Kaum eine Mama kommt um diese Sprüche und Ratschläge herum. Wichtig ist, bei sich zu bleiben. Nicht auch noch die Vorwurfskeule rauszuholen und sich zu fragen, warum man es denn nicht schafft, dass das Baby allein in seinem Bettchen schläft. Geh liebevoll mit dir um! Du leistest Großartiges, auch wenn Sarah das noch nicht versteht.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass jede Mutter ihren eigenen Weg finden muss. Was für die eine funktioniert, muss für die andere noch lange nicht richtig sein. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl und lassen Sie sich nicht von den Ratschlägen anderer verunsichern. Sie kennen Ihr Kind am besten und wissen, was es braucht. Und wenn Sie mal einen schlechten Tag haben, dann ist das auch okay. Niemand ist perfekt, und schon gar nicht Mütter.
Es hilft auch, sich mit anderen Müttern auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. In Online-Foren, Elterngruppen oder Krabbelgruppen findet man oft offene Ohren und wertvolle Tipps. Gemeinsam kann man sich gegenseitig Mut machen und sich daran erinnern, dass man nicht allein ist. Und vielleicht findet man ja auch neue Freundinnen, die die gleichen Herausforderungen meistern und einem mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Fazit
Freundschaften mit kinderlosen Freundinnen können eine Herausforderung sein, wenn man selbst Mutter wird. Die unterschiedlichen Lebensrealitäten und die damit verbundenen Ratschläge können zu Missverständnissen und Frustration führen. Wichtig ist, die Situation nicht persönlich zu nehmen, die eigenen Grenzen zu kennen und Strategien zu entwickeln, um die Freundschaft zu bewahren. Dazu gehören das Wählen der Schlachten, das charmante Umlenken von Gesprächen, das offene Ansprechen von Problemen und das Finden gemeinsamer Erlebnisse abseits des Mamaseins. Vor allem aber ist es wichtig, liebevoll mit sich selbst umzugehen und sich daran zu erinnern, dass man als Mutter Großartiges leistet – auch wenn es nicht immer perfekt ist.
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