Polyamore Familie: Ein ungewöhnliches Familienmodell im Fokus

Das Leben schreibt die ungewöhnlichsten Geschichten. Was für die einen ein absolutes No-Go ist, ist für andere gelebte Realität. Und manchmal, ja manchmal, sprengen Menschen einfach die Grenzen des Konventionellen und leben ein Familienmodell, das viele Fragen aufwirft – und vielleicht auch ein bisschen Mut macht.

Eine Familie, die Normen bricht

Stell dir vor, du bist ein Kind und hast nicht nur eine Mama und einen Papa, sondern eine Mama und zwei Papas. Klingt ungewöhnlich? Ist es auch. Aber für Nicole, Christian und Fabian ist es der ganz normale Alltag. Kennengelernt haben sich die drei während des Studiums. Nicole und Christian führten damals eine offene Beziehung, und zu Fabian entwickelte sich eine tiefe Freundschaft. Als Fabian nach dem Studium nach Köln zog, um einen Job zu suchen, fand er vorübergehend Unterschlupf bei Nicole und Christian. Was als WG begann, wurde schnell zu mehr. „Christian und ich waren mitten in unseren Hochzeitsvorbereitungen. Fabi hat sogar geholfen, die Einladungen zu basteln“, erzählt Nicole. „Wir merkten, wie schön es ist, zu dritt zu wohnen und wollten auch nach der Hochzeit nicht, dass Fabi auszieht.“ Eine Entscheidung, die ihr Leben verändern sollte.

Was folgte, war keine klassische Dreiecksbeziehung mit Drama und Eifersucht, sondern eine tiefe, verbindende Liebe zwischen allen dreien. Sie merkten, dass sie sich lieben, ohne zu wissen, wie sie es nennen sollen. Hauptsache, es funktioniert – und das tat es. Fünf Jahre später wurden sie gemeinsam Eltern. Ein Kind, drei Eltern – ein Modell, das in Deutschland noch immer für Stirnrunzeln sorgt. Doch Nicole, Christian und Fabian lassen sich nicht beirren. Sie leben ihre Liebe und ihre Familie, so wie sie es für richtig halten.

Unser Kind hat zwei Papas
Unser Kind hat zwei Papas

Der steinige Weg zur Akzeptanz

Die Realität in Deutschland ist jedoch kompliziert. Nur zwei Personen können das Sorgerecht für ein Kind haben, und auf der Geburtsurkunde ist nur Platz für einen Vater. Eine Ehe zu dritt ist schlichtweg verboten. „Wir haben ein sehr veraltetes Familiengesetz“, sagt Fabian. Diese rechtlichen Hürden machen das Leben der drei nicht einfacher. Auch die Suche nach einem Krankenhaus, das bei der Geburt zwei Väter im Kreißsaal zulässt, gestaltete sich schwierig. Doch sie meistern die Herausforderungen gemeinsam. „Immerhin haben wir eine gute Kinderärztin. Da kann egal welcher Papa mit dem Kleinen zum Arzt gehen“, erzählt Fabian. Kleine Siege im Alltag, die zeigen, dass sich langsam etwas bewegt.

Die Geschichte von Nicole, Christian und Fabian ist ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, die sich langsam, aber sicher wandelt. Sie zeigt, dass Familie viele Gesichter haben kann und dass Liebe keine Grenzen kennt. Es ist eine Geschichte, die zum Nachdenken anregt und dazu auffordert, über den eigenen Tellerrand zu schauen. Denn am Ende zählt nur eines: das Wohl des Kindes und die Liebe, die ihm entgegengebracht wird.

Familie bedeutet für jeden etwas anderes. Für die einen ist es die traditionelle Konstellation aus Mutter, Vater, Kind. Für andere ist es eine Patchworkfamilie mit Stiefeltern und Halbgeschwistern. Und für wieder andere ist es eine polyamore Familie mit drei Elternteilen. Was all diese Familienmodelle eint, ist die Liebe und die Verantwortung, die füreinander empfunden wird.

„Das Problem sind die gesellschaftlichen Normen, nicht die Liebe“, so lautet die Keythesis.

„Wir sind eine stinknormale, langweilige Familie“

Um das Konzept polyamorer Familien zu normalisieren und zu enttabuisieren, teilen Nicole, Fabian und Christian ihr Leben auf Instagram unter dem Namen „real.polylife.official“. Sie wollen zeigen, dass ihre Familie genauso normal ist wie jede andere. „Polyamorie ist mit so vielen Klischees behaftet – vor allem bei anderen Eltern. Wir haben gehört, dass es Eltern gibt, die ihren Kindern verbieten, mit anderen Kindern aus polyamoren Familien zu spielen. Diese Eltern verbinden Polyamorie nur mit Sexualität und sehen nicht, dass auch hier die Romantik im Vordergrund steht, genauso wie bei monogamen Beziehungen. Es fragt ja auch niemand monogame Pärchen, was sie in ihrem Schlafzimmer machen!“, sagt Nicole.

Die Reaktionen auf ihre Offenheit sind gemischt. Im Netz hagelt es Kritik: „Das arme Kind!“, „Perverse!“, „Sündiger!“ sind noch die harmloseren Kommentare. Besonders die Beleidigungen, die ihr Kind betreffen, gehen unter die Gürtellinie. Doch Nicole, Christian und Fabian lassen sich nicht entmutigen. „Gerade deshalb ist es so wichtig zu zeigen, dass er ein ganz normaler Junge mit ganz normalen Eltern ist. Dafür kämpfen wir“, sagt Nicole. Sie wollen ihrem Sohn eine Welt zeigen, in der Vielfalt und Akzeptanz selbstverständlich sind.

Die Entscheidung, ihr Leben öffentlich zu machen, war nicht einfach. Sie wussten, dass sie sich damit Anfeindungen und Vorurteilen aussetzen würden. Aber sie waren auch überzeugt, dass es wichtig ist, ein Zeichen zu setzen. Sie wollen anderen polyamoren Familien Mut machen und zeigen, dass sie nicht allein sind. Und sie wollen die Gesellschaft aufrütteln und zum Nachdenken anregen. Denn nur durch Offenheit und Dialog können Vorurteile abgebaut und Akzeptanz geschaffen werden.

Vorbilder für eine neue Generation

Woran sie festhalten? An positiven Nachrichten und dem Zuspruch, den sie ebenfalls erhalten – vor allem von polyamoren Paaren, die Ähnliches durchmachen. „Wir sehen, dass andere Leute Vorbilder brauchen, jemanden der für sie voran geht“, erklärt Fabian. „Viele Eltern trauen sich nicht, damit an die Öffentlichkeit zu gehen. Offiziell leben einige Paare mit der ‚besten Freundin‘ oder dem ‚besten Freund‘ zusammen. Inoffiziell sind sie aber eine Familie. Es ist doch schlimm, wenn das Kind in der Öffentlichkeit seine Eltern nicht richtig benennen darf.“ Sie wollen eine Welt schaffen, in der Kinder ihre Eltern so nennen dürfen, wie sie es für richtig halten – egal, wie viele es sind und welche Beziehung sie zueinander haben.

Die Geschichte von Nicole, Christian und Fabian zeigt, dass es nicht darum geht, wie eine Familie aussieht, sondern darum, wie sie funktioniert. Es geht um Liebe, Respekt, Vertrauen und Verantwortung. Und es geht darum, dem Kind ein sicheres und liebevolles Zuhause zu geben. Denn das ist es, was Familie wirklich ausmacht – egal, ob es zwei, drei oder mehr Elternteile sind.

Und vielleicht ist es ja auch ein Vorteil, drei Eltern zu haben. Drei verschiedene Charaktere, von denen das Kind lernen und sich etwas abschauen kann. Drei verschiedene Perspektiven, die ihm helfen, die Welt zu verstehen. Und vor allem: dreifache Liebe und Unterstützung auf seinem Lebensweg.

Die Vorteile einer ungewöhnlichen Erziehung

„Der Kleine hat drei Charaktere, von denen er sich etwas abgucken und lernen kann. Das ist total interessant.“ Angst davor, dass ihr Sohn es komisch findet, dass er drei anstatt zwei Elternteile hat, haben Nicole, Christian und Fabian nicht. Im Gegenteil: „Der Vorteil von Kindern ist, dass sie unsere ganzen gesellschaftlichen Normen noch nicht kennen. Unsere Aufklärungsarbeit richtet sich hauptsächlich an die Eltern und nicht an die Kinder. Wenn man Kindern erklärt, dass manche zwei Mamas oder zwei Papas haben, stellen sie das erstmal nicht infrage. Die größere Herausforderung ist es, Eltern beizubringen, dass wir eine stinknormale, langweilige Familie sind“, findet Fabian.

Die drei sind sich einig, dass es wichtig ist, offen und ehrlich mit ihrem Sohn über ihre Beziehung zu sprechen. Sie wollen ihm erklären, dass es verschiedene Arten von Familien gibt und dass ihre genauso richtig ist wie jede andere. Und sie wollen ihm zeigen, dass Liebe keine Grenzen kennt und dass es wichtig ist, tolerant und akzeptierend gegenüber anderen zu sein. Denn das sind Werte, die sie ihm mit auf seinen Lebensweg geben wollen.

Wer der biologische Vater ist, wissen nur die drei. Wenn ihr Sohn sie irgendwann fragen wird, werden sie es ihm sagen. Dabei soll er aber wissen, dass die Antwort auf die Frage keinen Unterschied macht. Denn für sie ist er ihr gemeinsames Kind, das sie über alles lieben und unterstützen werden – egal, wer seine biologischen Eltern sind.

Fazit: Liebe kennt keine Normen

Die Geschichte von Nicole, Christian und Fabian ist ein Plädoyer für mehr Offenheit, Toleranz und Akzeptanz in unserer Gesellschaft. Sie zeigt, dass Familie viele Gesichter haben kann und dass es nicht darum geht, wie eine Familie aussieht, sondern darum, wie sie funktioniert. Es geht um Liebe, Respekt, Vertrauen und Verantwortung.

Für berufstätige Mütter, die oft zwischen Karriere und Familie jonglieren, kann die Geschichte von Nicole, Christian und Fabian eine Inspiration sein. Sie zeigt, dass es möglich ist, unkonventionelle Wege zu gehen und trotzdem ein erfülltes Familienleben zu führen. Und sie erinnert daran, dass es wichtig ist, sich nicht von gesellschaftlichen Normen einschränken zu lassen, sondern seinen eigenen Weg zu gehen.

Es ist an der Zeit, dass wir unsere Vorstellung von Familie überdenken und uns für Vielfalt und Akzeptanz öffnen. Denn am Ende zählt nur eines: dass Kinder in einer liebevollen und unterstützenden Umgebung aufwachsen können – egal, ob sie zwei, drei oder mehr Elternteile haben.

QUELLEN

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