Achtsamkeit am Esstisch: Wie Worte das Essverhalten deiner Kinder prägen

Der tägliche Spagat zwischen Windeln wechseln, Karriere und dem Wunsch nach einem harmonischen Familienleben ist eine Herausforderung, die viele Mütter kennen. Und mittendrin: das gemeinsame Essen. Ein Schlachtfeld der guten Vorsätze, auf dem schnell mal ein unbedachtes Wort fällt. Doch was, wenn diese kleinen Sätze mehr Schaden anrichten als wir denken? Was, wenn sie das gesunde Essverhalten unserer Kinder langfristig beeinflussen?

Die Macht der Worte am Esstisch

Stell dir folgende Szene vor: Du kommst erschöpft von der Arbeit nach Hause, die Kinder sind hungrig und quengelig. Auf dem Tisch steht ein liebevoll zubereitetes Abendessen, aber statt Begeisterung erntest du nur Ablehnung. Das Gemüse wird verschmäht, der Teller bleibt halb voll. Frust macht sich breit, und ehe du dich versiehst, rutscht dir ein Satz heraus, den du eigentlich nie sagen wolltest: „Wenn du das aufisst, gibt es auch einen Nachtisch!“ Kommt dir das bekannt vor?

Ja, der Esstisch ist oft ein Spiegelbild des Alltagsstresses. Doch gerade in diesen Momenten ist es wichtig, achtsam zu sein. Denn die Worte, die wir beim Essen wählen, können eine tiefgreifende Wirkung auf unsere Kinder haben. Sie können ihr Verhältnis zum Essen prägen, ihr Selbstwertgefühl beeinflussen und sogar den Grundstein für spätere Essstörungen legen. Es ist also höchste Zeit, genauer hinzuschauen und zu überdenken, welche Sätze wir am Esstisch wirklich sagen sollten – und welche besser nicht.

Die Ökotrophologin Edith Gätjen betont, wie wichtig es ist, Kindern ein positives und entspanntes Verhältnis zum Essen zu vermitteln. „Kinder sollen lernen, auf ihren Körper zu hören und selbstbestimmt zu entscheiden, was und wie viel sie essen möchten“, sagt sie. Doch wie gelingt das im turbulenten Familienalltag?

Die wichtigste Aufgabe der Eltern ist es, eine liebevolle und unterstützende Umgebung zu schaffen, in der Kinder ein gesundes und natürliches Verhältnis zum Essen entwickeln können.

Es geht darum, den Fokus vom Zwang und der Kontrolle auf Wertschätzung und Genuss zu verlagern. Statt Verbote und Drohungen sollten wir auf positive Verstärkung und Vorbildfunktion setzen. Denn Kinder lernen vor allem durch Nachahmung. Wenn wir selbst eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung pflegen und Freude am Essen zeigen, ist das die beste Grundlage für ein gesundes Essverhalten unserer Kinder.

Kind am Küchentisch in nachdenklicher Pose

Achtsame Kommunikation: Kind am Küchentisch in nachdenklicher Pose – ein Moment der Essenszeit

Diese Sätze solltest du beim Essen vermeiden

Es gibt einige klassische Sätze, die sich hartnäckig in unseren Sprachgebrauch eingeschlichen haben, aber am Esstisch besser vermieden werden sollten. Hier eine Liste der häufigsten „No-Gos“ und was du stattdessen sagen kannst:

  1. „Iss bitte deinen Teller auf!“
    Dieser Satz untergräbt das natürliche Sättigungsgefühl. Kinder sollten lernen, auf ihren Körper zu hören. Besser: „Nimm dir, was du möchtest, und iss so viel, wie du Hunger hast.“
  2. „Du brauchst gute Vitamine wie Obst und Gemüse. Süßigkeiten sind nur schlecht für die Zähne.“
    Appelliere nicht an die Vernunft, sondern wecke die Neugier. Besser: „Schau mal, wie bunt dieser Paprika ist! Ich bin gespannt, wie er schmeckt.“
  3. „Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt.“
    Diese Aussage ist starr und wenig flexibel. Besser: „Ich habe heute das gekocht. Du kannst selbst entscheiden, ob und wie viel du davon essen möchtest.“
  4. „Kinder in anderen Ländern haben gar nichts zu essen.“
    Mit Schuldgefühlen erreichst du nichts. Besser: „Wenn du jetzt keinen Hunger hast, ist das okay. Vielleicht magst du später noch etwas essen.“
  5. „Wenn du aufisst, scheint morgen die Sonne.“
    Unsinnige Versprechungen solltest du vermeiden. Hier gibt es keine sinnvolle Alternative.
  6. „Das gehört sich nicht am Tisch.“
    Lebe gute Tischmanieren vor, anstatt zu belehren.
  7. „Du bist zu dünn/dick, du musst mehr/weniger essen!“
    Kommentare über das Gewicht sind tabu. Sie können zu einem gestörten Körpergefühl führen.
  8. „Wenn du nicht aufisst, landet alles im Müll.“
    Erzeuge keinen Druck. Besser: „Nimm dir beim nächsten Mal lieber etwas weniger, dann bleibt nichts übrig.“
  9. „Wenn du aufisst, gibt es einen Nachtisch.“
    Essen sollte keine Belohnung sein. Besser: „Wer mag, darf sich jetzt noch einen Nachtisch nehmen.“
  10. „Weißt du, wie lange ich für das Essen in der Küche stand!?“
    Mache deinem Kind keine Vorwürfe. Besser: „Ich habe mich gefreut, für dich zu kochen.“
  11. „Wir dürfen das essen, weil wir erwachsen sind.“
    Sei ehrlich und glaubwürdig. Wenn du etwas nicht möchtest, dass dein Kind es isst, solltest du es selbst auch nicht essen.
  12. „Ich esse nachher, aber ich habe extra etwas anderes für dich gekocht.“
    Schaffe eine Essensgemeinschaft. Gemeinsame Mahlzeiten stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl.
  13. „Am Tisch wird nicht gezappelt!“
    Finde heraus, warum dein Kind unruhig ist. Vielleicht hat es keinen Hunger oder die Atmosphäre ist unangenehm.
  14. „Wenn du nicht aufhörst, dann geht es ab ins Bett!“
    Bestrafe dein Kind nicht mit Essen oder Schlafengehen.
  15. „Du sollst essen und nicht reden.“
    Verbiete keine Gespräche am Tisch. Das gemeinsame Essen ist eine wertvolle Zeit für Austausch und Kommunikation.
  16. „Mit Essen spielt man nicht!“
    Ermutige dein Kind, das Essen mit allen Sinnen zu erkunden. Das kann helfen, neue Lebensmittel kennenzulernen.
  17. „Zur Belohnung gibt es Schokolade!“
    Essen sollte nicht zur Belohnung oder Bestrafung eingesetzt werden.

Diese Liste ist natürlich nicht erschöpfend, aber sie gibt einen guten Überblick über die häufigsten Fehler, die wir Eltern am Esstisch machen können. Wichtig ist, sich bewusst zu machen, welche Worte wir wählen und welche Wirkung sie auf unsere Kinder haben. Denn mit ein wenig Achtsamkeit und Empathie können wir den Esstisch in einen Ort der Freude, des Genusses und der gesunden Ernährung verwandeln.

Neben sprachlichen Veränderungen ist es wichtig, die Mahlzeiten als eine Zeit des Zusammenseins zu betrachten. Der Fokus sollte auf dem gemeinsamen Erlebnis liegen, nicht auf dem „perfekten“ Essverhalten. Schaffe eine entspannte Atmosphäre, in der sich alle wohlfühlen und sich austauschen können. Erzähle von deinem Tag, höre deinen Kindern zu und lache gemeinsam. So wird das Essen zu einem positiven Erlebnis, das in guter Erinnerung bleibt.

Fazit: Achtsamkeit und Wertschätzung am Esstisch

Ein gesundes Essverhalten beginnt im Kopf – und am Esstisch. Als Mütter haben wir eine wichtige Vorbildfunktion und können unseren Kindern ein positives Verhältnis zum Essen vermitteln. Indem wir achtsam auf unsere Worte achten, den Fokus vom Zwang auf Wertschätzung verlagern und eine entspannte Atmosphäre schaffen, können wir den Esstisch in einen Ort der Freude, des Genusses und der gesunden Ernährung verwandeln. Vertrauen wir auf die natürlichen Instinkte unserer Kinder und unterstützen sie dabei, ein selbstbestimmtes und genussvolles Essverhalten zu entwickeln. Denn Essen ist mehr als nur Nahrungsaufnahme – es ist ein wichtiger Teil unseres Lebens und unserer Kultur.

QUELLEN

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