TikTok erweitert Jugendschutz: Neue Funktionen geben Eltern mehr Kontrolle
Die beliebte Social-Media-Plattform TikTok hat neue Sicherheitsfunktionen für Familien eingeführt, die besonders Eltern von Teenagern interessieren dürften. Laut einer Studie des Pew Research Centers nutzen 63% der Jugendlichen TikTok regelmäßig – eine Zahl, die vielen Eltern Sorgenfalten auf die Stirn treibt. Die am 30. Juli 2025 angekündigten Erweiterungen bieten Eltern nun mehr Möglichkeiten, die Online-Aktivitäten ihrer Kinder zu überwachen und zu steuern.
Family Pairing: Das digitale Sicherheitsnetz für Familien
Die neuen Funktionen bauen auf dem bereits 2020 eingeführten „Family Pairing“ auf. Diese Funktion ermöglicht es Eltern, ihre TikTok-Konten mit denen ihrer Kinder zu verknüpfen und so verschiedene Einstellungen anzupassen. Bisher konnten Eltern damit bereits die Bildschirmzeit verwalten, Direktnachrichten einschränken, Push-Benachrichtigungen stummschalten und bestimmte Schlüsselwörter filtern.
Besonders hervorzuheben ist die neue Blockierfunktion, die Eltern jetzt nutzen können. Stephen Balkam, Gründer und CEO des Family Online Safety Institute, einer gemeinnützigen Organisation, die sich für mehr Sicherheit im Internet einsetzt, betont die Wichtigkeit dieser Funktion: „Es wird immer Inhalte geben, die in den Feeds von Jugendlichen auftauchen, die sie einfach nicht sehen oder hören oder in irgendeiner Weise erleben möchten. Ich denke, es ist sehr wichtig, dass Teenager eigene Werkzeuge haben, um Inhalte zu blockieren und zu melden, und dass auch Eltern diese Möglichkeit haben.“
Eine weitere Neuerung sind die sogenannten „Well-being Missions“ (Wohlbefindens-Missionen). Dabei handelt es sich um kurze Quizze und interaktive Lernkarten, nach deren Abschluss die Nutzer mit Abzeichen belohnt werden. Diese Missionen wurden mit Unterstützung des TikTok Youth Council und des Digital Wellness Lab entwickelt und sollen das positive Wohlbefinden fördern.
Digitale Sicherheit für Kinder bedeutet nicht nur technische Schutzmaßnahmen, sondern vor allem offene Gespräche und gegenseitiges Vertrauen zwischen Eltern und Kindern.
Balkam beschreibt diesen Ansatz als eine Art „Gamifizierung“ dessen, was Eltern ihren Kindern ohnehin beibringen sollten. „Das ist etwas, das Kinder selbst erkunden werden. Sie werden nicht von einem Elternteil oder Lehrer dazu aufgefordert. Jeder liebt es, eine Belohnung, ein Abzeichen oder ein Smiley zu bekommen – selbst wir Erwachsene. Und ich denke, das ist ein wirklich guter Weg, um Jugendliche für etwas zu begeistern, zu dem sie ermutigt werden sollten.“
TikTok steht nicht allein: Der Trend zu mehr Jugendschutz
TikTok ist nicht die einzige Social-Media-Plattform, die ihre Schutzfunktionen für Minderjährige ausbaut. Auch Instagram, Snapchat, Roblox und andere Plattformen haben ihre eigenen Sicherheitsmaßnahmen verstärkt. Dies geschieht vor dem Hintergrund wachsender Kritik an den Gefahren dieser Apps, darunter Bildschirmsucht, psychische Gesundheitsprobleme und Cybermobbing.
Eine weitere Studie des Pew Research Centers zeigt, dass fast die Hälfte aller Teenager nahezu ständig online ist – ein alarmierender Wert, der den Bedarf an zusätzlichen Schutzmaßnahmen unterstreicht. Allerdings haben diese Maßnahmen auch ihre Grenzen. Titania Jordan, Chief Parenting Officer bei Bark, einem Unternehmen, das Kinder im Internet schützen will, wies in einem früheren Gespräch mit „Parents“ darauf hin, dass die zuverlässige Überprüfung des Alters der Nutzer nach wie vor eine große Herausforderung darstellt.
Neben der neuen Blockierfunktion hat TikTok kürzlich auch den „Creator Care Mode“ eingeführt, der Erstellern von Inhalten hilft, beleidigende und unerwünschte Kommentare herauszufiltern. Diese Funktion lernt aus dem Verhalten der Nutzer und filtert zukünftig ähnliche Kommentare automatisch heraus. Für Live-Übertragungen gibt es zudem ein neues Kommentar-Tool, das bestimmte Wörter, Phrasen oder Emojis stummschalten kann.
Elternratgeber: So nutzen Sie die TikTok-Sicherheitsfunktionen richtig
Die neuen Sicherheitsfunktionen von TikTok bieten Eltern wirksame Werkzeuge, um ihre Kinder im digitalen Raum zu schützen. Hier finden Sie eine strukturierte Anleitung, wie Sie diese Funktionen optimal einsetzen können:
1. Family Pairing einrichten
- Installieren Sie TikTok auf Ihrem eigenen Smartphone und erstellen Sie ein Konto
- Öffnen Sie die App auf dem Gerät Ihres Kindes und gehen Sie zu „Profil“ → „Einstellungen“ → „Family Pairing“
- Wählen Sie „Teen“ und scannen Sie den QR-Code mit Ihrem eigenen Gerät
- Bestätigen Sie die Verknüpfung auf beiden Geräten
2. Kontrollmöglichkeiten nutzen
- Bildschirmzeit begrenzen: Legen Sie fest, wie lange Ihr Kind täglich TikTok nutzen darf
- Eingeschränkter Modus: Filtert potenziell unangemessene Inhalte
- Direktnachrichten verwalten: Beschränken Sie, wer Ihrem Kind Nachrichten senden kann
- Blockierfunktion: Blockieren Sie unerwünschte Konten, damit diese nicht mit Ihrem Kind interagieren können
- Benachrichtigungen bei Uploads: Erhalten Sie eine Mitteilung, wenn Ihr Kind neue Inhalte postet
3. Begleitende Gespräche führen
Experten sind sich einig: Technische Schutzmaßnahmen allein reichen nicht aus. Führen Sie regelmäßige, offene Gespräche mit Ihrem Kind über:
- Online-Sicherheit und Datenschutz
- Angemessenes Verhalten in sozialen Medien
- Umgang mit Fremden im Internet
- Erkennen von problematischen Inhalten
4. Eigene Emotionen kontrollieren
Stephen Balkam empfiehlt Eltern, bei Gesprächen über digitale Medien eigene Ängste zurückzuhalten. „Wenn Sie die Fassung verlieren, werden sie es nicht verstehen.“ Zeigen Sie stattdessen Interesse und stellen Sie Fragen, anstatt vorschnell zu urteilen. „Zu oft kritisieren wir unsere Kinder, wir beurteilen sie, wir ziehen voreilige Schlüsse, und das bringt sie zum Schweigen. Stellen Sie Fragen, halten Sie den Dialog aufrecht und lassen Sie die Tür offen, damit sie weiterhin mit Dingen zu Ihnen kommen.“
5. „Well-being Missions“ fördern
Ermutigen Sie Ihr Kind, an den neuen „Well-being Missions“ teilzunehmen. Diese spielerischen Quizze und Lernkarten fördern das digitale Wohlbefinden und vermitteln wichtige Fähigkeiten für den gesunden Umgang mit sozialen Medien.
weiterführende Quellen zum Thema
- Heise Online: Technische Altersbeschränkung für TikTok gefordert: Dieser Artikel erläutert die Forderung des Bundesdrogenbeauftragten, TikTok für Kinder unter 12 Jahren grundsätzlich zu sperren. Er liefert fundierte Informationen über Alterskontrollen und die Herausforderungen bei der Umsetzung von Jugendschutz auf sozialen Plattformen.
Quelle: Heise ist eine etablierte Tech-Nachrichtenseite mit hoher journalistischer Qualität. - Jugendschutz.net: TikTok Shop startet in Deutschland: Die Seite informiert über die Einführung des TikTok Shops in Deutschland und die damit verbundenen Risiken für junge Nutzer. Sie bietet wertvolle Einblicke in kommerzielle Aspekte der Plattform und deren Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche.
Quelle: Jugendschutz.net ist das gemeinsame Kompetenzzentrum von Bund und Ländern für den Schutz von Kindern und Jugendlichen im Internet.
Die Bedeutung von Gesprächen neben technischen Lösungen
Experten betonen immer wieder, dass Kontrollfunktionen nur ein Teil der Lösung sind. Genauso wichtig sind kontinuierliche Gespräche mit den Kindern über ihre Online-Aktivitäten. Doch manchmal fällt es Eltern schwer, solche Gespräche zu beginnen oder konstruktiv zu führen.
Balkam empfiehlt Eltern, bei solchen Gesprächen zunächst die eigenen Emotionen zu kontrollieren. Er erzählt aus eigener Erfahrung, dass er dadurch das Vertrauen seiner Tochter gewinnen konnte, als sie im Teenageralter war. „Man muss seine eigenen Ängste im Zaum halten“, sagt er. „Wenn man die Fassung verliert, werden sie es nicht verstehen.“
Darüber hinaus ist es wichtig, Interesse zu zeigen und Fragen zu stellen, anstatt vorschnelle Urteile zu fällen. „Zu oft kritisieren wir unsere Kinder, wir beurteilen sie, wir ziehen voreilige Schlüsse, und das bringt sie zum Schweigen“, erklärt Balkam. „Stellen Sie Fragen, halten Sie den Dialog aufrecht und lassen Sie die Tür offen, damit sie weiterhin mit Dingen zu Ihnen kommen.“
Praktische Tipps für den Alltag mit TikTok
Um die Sicherheit Ihrer Kinder auf TikTok zu gewährleisten, können Sie folgende praktische Maßnahmen ergreifen:
- Setzen Sie klare Zeitlimits für die Nutzung sozialer Medien.
- Nutzen Sie die Family Pairing-Funktion, um Einstellungen anzupassen.
- Sprechen Sie regelmäßig mit Ihrem Kind über seine Online-Erfahrungen.
- Informieren Sie sich selbst über die Plattform und ihre Funktionen.
- Erklären Sie Ihrem Kind, warum bestimmte Einschränkungen wichtig sind.
- Seien Sie ein gutes Vorbild bei der eigenen Nutzung digitaler Medien.
- Ermutigen Sie Ihr Kind, problematische Inhalte oder Kontakte zu melden.
Die digitale Welt entwickelt sich ständig weiter, und mit ihr auch die Herausforderungen für Eltern. Die neuen Funktionen von TikTok bieten eine zusätzliche Unterstützung, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Doch letztendlich ist es die Kombination aus technischen Schutzmaßnahmen, elterlicher Aufsicht und offenen Gesprächen, die den besten Schutz bietet.
Die Erweiterung der Sicherheitsfunktionen von TikTok ist ein positiver Schritt in die richtige Richtung. Sie gibt Eltern mehr Kontrolle und hilft dabei, eine sicherere Umgebung für junge Nutzer zu schaffen. Gleichzeitig unterstreicht sie die Bedeutung der digitalen Medienkompetenz – sowohl für Kinder als auch für Eltern.
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