Gemeinsame Erziehung: So meistern Eltern unterschiedliche Erziehungsvorstellungen

Es gibt wohl kaum eine größere Herausforderung im Familienleben als die unterschiedlichen Vorstellungen davon, wie man ein Kind erzieht. Da prallen Welten aufeinander, wenn Mama meint, Papa sei zu streng, oder Papa findet, Mama lasse dem Nachwuchs zu viele Freiheiten. Was dann? Eskaliert die Situation, herrscht dicke Luft – und das Kind leidet mit. Doch es gibt Wege aus diesem Dilemma. Wege, die zu mehr Verständnis, Harmonie und einer gemeinsamen Linie in der Erziehung führen.

Wenn Erziehungsvorstellungen aufeinanderprallen

Stellen wir uns folgende Szene vor: Der kleine Timmy hat seinen Teller nicht leer gegessen. Mama sagt: „Ach, komm, mein Schatz, dann eben nicht. Ist ja nicht schlimm.“ Papa hingegen runzelt die Stirn: „Timmy, es wird gegessen, was auf den Tisch kommt! Sonst gibt es später nichts Süßes.“ Eine typische Situation, die viele Eltern kennen. Und eine, die schnell zu Konflikten führen kann. Denn hinter solchen vermeintlichen Kleinigkeiten verbergen sich oft tiefgreifende Überzeugungen darüber, was richtig und was falsch ist in der Kindererziehung. Die eigenen Erfahrungen aus der Kindheit, die Werte, die man vermitteln möchte, all das spielt eine Rolle. Und wenn diese Vorstellungen auseinandergehen, knallt es.

Die Schwierigkeit besteht darin, dass es eben nicht den einen, allgemeingültigen „richtigen“ Weg gibt. Was für das eine Kind gut ist, muss für das andere noch lange nicht passen. Und was in der einen Familie selbstverständlich ist, kann in einer anderen völlig unangebracht sein. Hinzu kommt, dass wir als Eltern oft unter Druck stehen. Wir wollen alles richtig machen, wollen unsere Kinder bestmöglich fördern und auf das Leben vorbereiten. Da ist es nur allzu verständlich, dass wir kritisch beäugen, ob der Partner/die Partnerin das auch so sieht und entsprechend handelt.

Die Kunst der respektvollen Kommunikation

Doch was tun, wenn die Erziehungsvorstellungen so gar nicht zusammenpassen? Wenn man das Gefühl hat, der Partner/die Partnerin gefährde mit seinem/ihrem Verhalten das Wohl des Kindes? Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Denn eines ist klar: Vorwürfe und Schuldzuweisungen führen in der Regel zu nichts als Streit und Verletzungen. Stattdessen braucht es eine offene, ehrliche und vor allem respektvolle Kommunikation. Eine Kommunikation, die darauf abzielt, den anderen zu verstehen und gemeinsam eine Lösung zu finden.

„Die größte Herausforderung in der Elternschaft ist nicht die Erziehung des Kindes, sondern die Erziehung des Partners.“

Das bedeutet konkret: Sucht das Gespräch – aber nicht in der Hitze des Gefechts, sondern in einem ruhigen Moment, wenn beide entspannt sind. Und vermeidet es, den anderen vor dem Kind zu kritisieren. Das untergräbt dessen Autorität und verunsichert das Kind nur unnötig. Sprecht stattdessen in der Ich-Form, schildert eure Gefühle und Beobachtungen, ohne den anderen zu verurteilen. Sagt zum Beispiel: „Ich mache mir Sorgen, wenn du Timmy so viel Süßes erlaubst, weil ich Angst habe, dass er Karies bekommt.“ Oder: „Ich fühle mich unwohl, wenn du so streng mit ihm bist, weil ich finde, er braucht in dem Alter noch mehr Zuneigung.“

Und ganz wichtig: Hört einander aufmerksam zu. Versucht zu verstehen, warum der andere so handelt, wie er handelt. Welche Erfahrungen, welche Werte stecken dahinter? Vielleicht entdeckt ihr ja sogar Gemeinsamkeiten, die euch verbinden. Und vielleicht stellt ihr auch fest, dass die Unterschiede gar nicht so gravierend sind, wie ihr anfangs dachtet.

Familienzeit

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Die Stärken des anderen erkennen

Ein weiterer wichtiger Punkt: Konzentriert euch auf die Stärken des anderen. Jeder Elternteil hat seine eigenen Talente und Fähigkeiten. Der eine ist vielleicht besonders gut darin, dem Kind Regeln und Grenzen zu setzen, der andere ist einfühlsamer und kann besser trösten. Wenn ihr diese Stärken erkennt und wertschätzt, könnt ihr euch gegenseitig ergänzen und eine ausgewogene Erziehung gewährleisten. Akzeptiert, dass es nicht den einen perfekten Erziehungsstil gibt. Kinder profitieren oft von unterschiedlichen Einflüssen und Perspektiven.

Es ist auch hilfreich, sich bewusst zu machen, dass Erziehung ein Lernprozess ist – für Eltern und Kinder. Wir alle machen Fehler, wir alle lernen dazu. Und das ist gut so. Wichtig ist, dass wir offen dafür sind, uns weiterzuentwickeln und uns von anderen inspirieren zu lassen. Lest Bücher, besucht Kurse, tauscht euch mit anderen Eltern aus. So könnt ihr euren eigenen Erziehungsstil reflektieren und neue Ideen gewinnen.

Rituale für den Austausch schaffen

Um Missverständnissen und Konflikten vorzubeugen, ist es ratsam, regelmäßige Gesprächsrituale einzuführen. Nehmt euch bewusst Zeit, um über eure Erziehungsvorstellungen und -erfahrungen zu sprechen. Das kann zum Beispiel ein wöchentlicher Elternabend sein, bei dem ihr in Ruhe überlegt, was gut gelaufen ist und wo es Verbesserungspotenzial gibt. Oder ihr nutzt gemeinsame Spaziergänge oder Autofahrten, um euch auszutauschen. Wichtig ist, dass ihr einen Rahmen schafft, in dem offene und ehrliche Gespräche möglich sind.

In solchen Gesprächen könnt ihr auch gemeinsam Regeln und Grenzen für eure Kinder festlegen. Wenn ihr euch als Eltern einig seid, was erlaubt ist und was nicht, fällt es den Kindern leichter, sich daran zu halten. Und es stärkt eure Autorität als Eltern. Achtet aber darauf, dass die Regeln altersgerecht sind und den Bedürfnissen der Kinder entsprechen. Starre Vorschriften, die keinen Raum für Flexibilität lassen, sind kontraproduktiv.

Die eigenen Bedürfnisse nicht vergessen

Bei all den Bemühungen, eine gemeinsame Linie in der Erziehung zu finden, solltet ihr eure eigenen Bedürfnisse nicht vergessen. Denn nur wenn es euch als Eltern gut geht, könnt ihr auch gute Eltern sein. Nehmt euch Zeit für euch selbst, pflegt eure Hobbys, trefft euch mit Freunden. Und sorgt für ausreichend Schlaf und Entspannung. Denn übermüdete und gestresste Eltern sind weniger geduldig und einfühlsam.

Es ist auch wichtig, dass ihr euch als Paar nicht aus den Augen verliert. Denn die Elternrolle ist nur ein Teil eurer Beziehung. Nehmt euch Zeit füreinander, geht aus, verbringtQuality Time zu zweit. Denn eine liebevolle und harmonische Partnerschaft ist die beste Grundlage für eine glückliche Familie. Und wenn ihr als Eltern gut miteinander auskommt, profitieren auch eure Kinder davon.

Elternschaft ist ein Marathon, kein Sprint. Es wird Höhen und Tiefen geben, Erfolge und Rückschläge. Aber wenn ihr als Paar zusammenhaltet, euch gegenseitig unterstützt und immer wieder das Gespräch sucht, könnt ihr jede Herausforderung meistern. Und ihr werdet eure Kinder zu selbstbewussten, glücklichen und starken Persönlichkeiten erziehen.

Ganz wichtig ist es auch, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn ihr merkt, dass ihr alleine nicht weiterkommt. Eine Familienberatung oder ein Elterntraining kann euch dabei helfen, eure Kommunikation zu verbessern, Konflikte zu lösen und eine gemeinsame Erziehungslinie zu entwickeln. Scheut euch nicht, diese Unterstützung anzunehmen. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke, wenn man sich Hilfe sucht.

Die wichtigsten Punkte für eine harmonische Erziehung

Hier noch einmal die wichtigsten Punkte zusammengefasst, die zu einer harmonischen Erziehung beitragen können:

  • Offene und respektvolle Kommunikation
  • Konzentration auf die Stärken des anderen
  • Regelmäßige Gesprächsrituale
  • Gemeinsame Regeln und Grenzen
  • Berücksichtigung der eigenen Bedürfnisse
  • Professionelle Hilfe bei Bedarf

Fazit

Die Reise der Elternschaft ist oft herausfordernd, besonders wenn unterschiedliche Erziehungsvorstellungen aufeinandertreffen. Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, eine respektvolle und offene Kommunikation zu pflegen, die auf dem Verständnis und der Wertschätzung der Stärken jedes Partners basiert. Indem Eltern regelmäßige Gesprächsrituale einführen, gemeinsame Regeln festlegen und auch auf ihre eigenen Bedürfnisse achten, können sie eine harmonische und unterstützende Umgebung für ihre Kinder schaffen. Professionelle Hilfe sollte als wertvolle Ressource betrachtet werden, um bei Bedarf Unterstützung zu suchen und die Herausforderungen der Elternschaft gemeinsam zu meistern. Letztendlich ist eine liebevolle und harmonische Partnerschaft das Fundament für eine glückliche Familie, in der sich Kinder zu selbstbewussten und starken Persönlichkeiten entwickeln können.

QUELLEN

Eltern.de

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