Wie die Aufnahme einer ukrainischen Familie das Leben verändert

Es ist ein Gefühl, das viele Mütter kennen: Die Zerrissenheit zwischen der eigenen Welt und der Welt, die plötzlich durch äußere Umstände in das eigene Leben tritt. Eine Welt, die von Krieg, Flucht und unvorstellbarem Leid geprägt ist. Wie geht man damit um, wenn man plötzlich eine Familie aus einem Kriegsgebiet bei sich aufnimmt? Wie verändert das den Alltag, die eigenen Prioritäten und die Sicht auf das eigene Leben?

Eine Entscheidung mit Tragweite

Die Entscheidung, eine geflüchtete Familie aufzunehmen, ist oft von einem Gefühl der Hilflosigkeit angesichts des Weltgeschehens getrieben. Man möchte etwas tun, ein Zeichen setzen, aktiv helfen. So war es auch bei Julia und ihrem Mann Immo. Sie hatten Platz, Immo sprach Russisch, und so öffneten sie ihr Zuhause für Oksana und ihre beiden Kinder, die vor dem Krieg in der Ukraine geflohen waren. Ein Akt der Menschlichkeit, der ihr Leben von Grund auf verändern sollte. Doch was bedeutet es wirklich, eine Familie mit Kriegserfahrungen in sein eigenes Leben zu integrieren? Es bedeutet weit mehr, als nur ein Dach über dem Kopf zu bieten.

Eine ukrainische Familie findet Zuflucht in einem fremden Land.

Flucht und Neuanfang: Die Geschichte einer ukrainischen Familie

Die Welle der Hilfsbereitschaft

Als die Nachricht die Runde machte, dass Julia und Immo eine ukrainische Familie aufnehmen würden, waren sie überwältigt von der Hilfsbereitschaft ihrer Freunde und Nachbarn. Eine gebrauchte Waschmaschine wurde gespendet, Haushaltsgegenstände und Kleidung wurden gebracht, sodass die Wohnung im Souterrain innerhalb weniger Stunden perfekt ausgestattet war. Es war ein beeindruckendes Beispiel dafür, wie Menschen zusammenkommen können, um in Notlagen zu helfen. Doch die materielle Unterstützung war nur der Anfang. Die eigentliche Herausforderung bestand darin, der Familie emotionalen Halt zu geben und ihnen bei der Integration in ein fremdes Land zu helfen.

Ankommen in einer neuen Welt

Der Moment, als Oksana und ihre Kinder ankamen, war von tiefer Erschöpfung und Angst geprägt. Nach einer langen und traumatischen Flucht aus Kiew fanden sie in Julias Armen Trost. Es war ein Moment der Menschlichkeit, der zeigte, wie wichtig es ist, in solchen Situationen zusammenzuhalten. Doch nach der ersten Erleichterung folgte der Alltag mit all seinen Herausforderungen. Der kleine Sohn hatte sich auf der Flucht eine schwere Darminfektion zugezogen und musste im Krankenhaus behandelt werden. Der ältere Sohn musste sich in einer fremden Umgebung zurechtfinden und neue Freunde finden. Und Oksana musste sich mit einer neuen Sprache, einer neuen Kultur und den bürokratischen Hürden eines fremden Landes auseinandersetzen.

Die Sicherheit, Wärme und Menschlichkeit, die wir zu geben versuchten, ich spürte sie auch in meinem eigenen Herzen.

Der Alltag kehrt ein

Trotz aller Schwierigkeiten begann sich der Alltag langsam einzupendeln. Der kleine Sohn besuchte den Kindergarten, der ältere Sohn ging zur Schule und trat einem Sportverein bei. Oksana lernte Deutsch und knüpfte Kontakte zu Nachbarn. Julia und Immo unterstützten sie bei Behördengängen und Arztbesuchen. Es war eine intensive Zeit, die von vielen Emotionen geprägt war. Freude über kleine Fortschritte, Sorge um das Wohlergehen der Familie, aber auch Erschöpfung und Überforderung. Doch inmitten all dieser Herausforderungen spürten Julia und Immo eine tiefe Verbundenheit zu Oksana und ihren Kindern.

Die Dankbarkeit des Vaters

Ein besonderer Moment war, als eine Videobotschaft von Oksanas Mann Viktor aus Kiew eintraf. In mühevoller Arbeit hatte er auf Deutsch eine Dankesbotschaft aufgenommen: „Vielen Dank, dass Sie meine Familie mit so viel Wärme und Fürsorge aufgenommen haben und dass Ihr Land ihnen Asyl gewährt. Ich hoffe, wir können uns eines Tages kennenlernen.“ Diese Worte berührten alle zutiefst und zeigten, wie wichtig es ist, in schwierigen Zeiten zusammenzustehen und Hoffnung zu geben. Es war ein Moment der Verbundenheit, der über alle Grenzen hinweg spürbar war.

Die Realität des Krieges

Doch die Geschichte nahm eine tragische Wendung. Kurz vor Redaktionsschluss erreichte Julia die Nachricht, dass sich Oksanas Mann aus Verzweiflung das Leben genommen hatte, weil er nicht zu seiner Familie ausreisen durfte. Diese Nachricht verdeutlichte auf schmerzhafte Weise, wie unterschiedlich die Welten der Menschen sein können. In Julias Welt herrschte Frieden, in Oksanas Welt herrschte Krieg. Dieses Ereignis machte Julia noch einmal bewusst, wie wichtig es ist, Empathie zu zeigen und sich für Menschen in Not einzusetzen. Es zeigte, dass jede Geste der Hilfsbereitschaft einen Unterschied machen kann, auch wenn sie nur ein kleiner Tropfen auf den heißen Stein ist.

Was wir daraus lernen können

Die Geschichte von Julia und Oksana ist ein berührendes Beispiel dafür, wie Menschen aus unterschiedlichen Welten zusammenkommen und einander unterstützen können. Sie zeigt, wie wichtig es ist, Empathie zu zeigen, Vorurteile abzubauen und sich für Menschen in Not einzusetzen. Sie erinnert uns daran, dass wir alle Teil einer глобален Gemeinschaft sind und dass wir Verantwortung füreinander tragen. Und sie macht Mut, selbst aktiv zu werden und einen Beitrag zu leisten, um die Welt ein Stückchen besser zu machen. Vielleicht nicht, indem wir eine geflüchtete Familie aufnehmen, aber indem wir im Kleinen helfen, wo wir können. Indem wir zuhören, unterstützen, spenden oder uns ehrenamtlich engagieren. Denn jede Geste der Hilfsbereitschaft zählt und kann das Leben eines anderen Menschen positiv verändern.

Fazit

Die Aufnahme einer ukrainischen Familie hat Julia Schmidt-Jortzigs Leben tiefgreifend verändert und ihr die Augen für die Realität des Krieges geöffnet. Die Hilfsbereitschaft von Freunden und Nachbarn war überwältigend, aber die eigentliche Herausforderung bestand darin, der Familie emotionalen Halt zu geben und ihnen bei der Integration in ein fremdes Land zu helfen. Trotz aller Schwierigkeiten überwog das Gefühl der Verbundenheit und Dankbarkeit. Die tragische Nachricht vom Tod von Oksanas Mann verdeutlichte jedoch, wie unterschiedlich die Welten der Menschen sein können. Julias Geschichte ist ein Aufruf zu mehr Empathie und Solidarität mit Menschen in Not.

QUELLEN

Eltern.de

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