Vergiss den Club, hol den Putzlappen! Klingt verrückt? Vielleicht. Aber viele Mütter kennen dieses Gefühl: Während die Kinder endlich schlafen, lockt nicht Netflix, sondern der Gedanke an eine blitzblanke Küche. Aber ist das wirklich alles, was uns bleibt?
Vom Laufsteg zum Putzmittelregal: Eine überraschende Wandlung
Es war einmal eine Zeit, da drehte sich alles um den neuesten Lippenstift, die angesagtesten Schuhe und durchtanzte Nächte. Doch dann kamen die Kinder – und plötzlich stand man da, nicht mehr im Blitzlichtgewitter der Clubs, sondern im grellen Licht des Drogeriemarkts, auf der Jagd nach dem besten Fleckenentferner. Wer hätte gedacht, dass man sich mal mehr über eine neue Sorte Allzweckreiniger freuen würde als über eine Einladung zur Fashion Week?
Viele Mütter kennen das Phänomen: Statt die freie Zeit mit einem entspannenden Bad oder einem guten Buch zu verbringen, scrollt man stundenlang durch Instagram, fasziniert von perfekt organisierten Vorratsschränken und glitzernden Badezimmern. Putz-Influencerinnen werden zu den neuen Stars, und man selbst mutiert von der Fashionista zur Essig-Liebhaberin. Aber warum eigentlich?
Ist es der Wunsch nach Kontrolle in einem Alltag, der oft von Chaos und Unvorhersehbarkeit geprägt ist? Ist es die Sehnsucht nach Perfektion in einer Welt, in der Perfektion unerreichbar scheint? Oder ist es einfach nur die Befriedigung, etwas Sinnvolles zu tun, wenn man sich mal wieder erschöpft und überfordert fühlt?
Ordnung, Sauberkeit, Kontrolle: Der heilige Dreiklang der Mama-Seele
Zwischen Wäschebergen, die höher sind als das Matterhorn, Spielzeugbergen, die sich scheinbar selbstständig vermehren, und undefinierbaren Flecken auf allen möglichen Oberflächen sehnt sich so manche Mutter nach einem kleinen bisschen Ordnung. Nach einem Ort, an dem sie die Kontrolle hat, an dem alles seinen Platz hat und an dem es einfach nur sauber ist. Und genau das versprechen die glitzernden Welten der Putz-Influencerinnen. Sie zeigen uns, dass es möglich ist, dem Chaos ein Schnippchen zu schlagen, dass man mit den richtigen Tricks und Kniffen ein Zuhause schaffen kann, in dem man sich wohlfühlt und entspannen kann.
Man beginnt, neue Routinen in den Familienalltag zu integrieren. Jeden Abend eine saubere Küche, leere Arbeitsplatten, gemachte Betten. Die erste Waschmaschine läuft, noch bevor der Tag überhaupt richtig startet. Die Gewürze werden in neue Gläschen mit passenden Etiketten umgefüllt. Man hortet Natron, Zitronensäure und diverse Putzschwämme, um jede Oberfläche streifenfrei sauber zu bekommen. Und tatsächlich: Es funktioniert! Alles glänzt, alles ist neu. Hach!
Der Filterkaffee schmeckt plötzlich besser – weil man die Maschine endlich mal wieder entkalkt hat, natürlich mit Hilfe eines neuen Zonenputzplans. Und wenn man dann abends in seiner blitzblanken Küche steht, kommt dieses Gefühl auf: Man hat das Leben im Griff. Zumindest ein bisschen.
„Vielleicht geben uns Putzhacks genau dieses Gefühl von Kontrolle, das in unserem hektischen Mama-Alltag manchmal verloren geht. Und ein bisschen dieses Gefühl von: ‚Das hier ist MEIN Bereich. Hier herrsche nur ich – und ich bin verdammt gut darin!'“
Aber Vorsicht! Dieses Glücksgefühl kann trügerisch sein. Denn während man sich noch selbstzufrieden über seine perfekt sortierten Schubladen freut, kommt die Gen Z um die Ecke und hält einem den Spiegel vor. „Ey, hast du eigentlich keine anderen Hobbys mehr?“, fragen sie unschuldig. Und plötzlich verschluckt man sich an seinem Filterkaffee.
Vom Club zum Putzmittelregal: Ein Identitätsverlust?
Früher war man abends mit Freundinnen unterwegs, hat die Clubs unsicher gemacht und stundenlang in Parfümerien gestöbert. Heute verbringt man seine Zeit damit, Mikrofasertücher zu studieren und die neuesten Putzhacks auszuprobieren. Was ist da nur passiert? Ist man wirklich zu einer Putz-besessenen Millennial-Mama geworden, die nichts Besseres zu tun hat, als ihr Zuhause auf Hochglanz zu polieren?
Die Antwort ist natürlich: Jein. Ja, das Leben mit Kindern verändert einen. Es bringt neue Prioritäten, neue Verantwortungen und neue Herausforderungen mit sich. Und ja, manchmal ist es einfach befriedigend, etwas Sinnvolles zu tun, wenn man sich mal wieder erschöpft und überfordert fühlt. Aber nein, das bedeutet nicht, dass man seine alten Hobbys und Leidenschaften komplett aufgeben muss. Es bedeutet nicht, dass man sich nur noch über blitzblanke Küchenflächen und perfekt sortierte Vorratsschränke definieren darf.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, wer man war, bevor man Mutter wurde. An die Dinge, die einem Spaß gemacht haben, an die Menschen, die einem wichtig waren, an die Träume, die man hatte. Und es ist wichtig, diese Dinge nicht aus den Augen zu verlieren, sondern sie in den neuen Alltag zu integrieren. Auch wenn es manchmal schwierig ist, Zeit dafür zu finden. Auch wenn man sich manchmal schuldig fühlt, wenn man sich etwas gönnt. Auch wenn man manchmal das Gefühl hat, dass man es nicht verdient hat.
Denn am Ende des Tages sind wir mehr als nur Mütter. Wir sind Frauen, wir sind Individuen, wir sind Menschen mit eigenen Bedürfnissen und Wünschen. Und es ist wichtig, diese Bedürfnisse und Wünsche nicht zu vernachlässigen, sondern ihnen Raum zu geben. Damit wir nicht irgendwann aufwachen und uns fragen: „Ist das jetzt mein Leben? Und wenn ja, will ich das überhaupt?“
Reinigungsillustration
Putzhacks als Therapie?
Vielleicht sind Putzhacks tatsächlich eine Art Therapie für gestresste Mütter. Eine Möglichkeit, dem Chaos zu entfliehen, die Kontrolle zurückzugewinnen und sich selbst etwas Gutes zu tun. Aber es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, diese Bedürfnisse zu befriedigen. Vielleicht ist es an der Zeit, sich wieder an die alten Hobbys zu erinnern, neue zu entdecken oder einfach nur mal wieder einen Nachmittag mit Freundinnen zu verbringen.
Es geht nicht darum, das Putzen komplett aufzugeben. Es geht darum, ein gesundes Gleichgewicht zu finden. Zwischen den Pflichten und Verantwortungen des Mutterseins und den eigenen Bedürfnissen und Wünschen. Zwischen dem Wunsch nach Ordnung und Perfektion und der Akzeptanz des Chaos und der Unvollkommenheit. Zwischen dem Putzlappen und dem Lippenstift.
Denn am Ende des Tages ist es nicht wichtig, ob die Küche blitzblank ist oder ob die Wäscheberge bis zur Decke reichen. Wichtig ist, dass man glücklich ist. Dass man sich wohlfühlt. Dass man sich selbst treu bleibt. Und dass man sich daran erinnert, dass man mehr ist als nur eine Mutter.
Fazit: Mehr als nur Putzen – Das Leben als Millennial-Mama
Die Reise vom Club zum Putzmittelregal mag für manche Millennial-Mamas eine unerwartete Wendung genommen haben, doch sie birgt eine wichtige Erkenntnis: Es ist entscheidend, ein Gleichgewicht zu finden. Während die Ordnung und Sauberkeit, die durch Putzhacks erreicht werden, ein Gefühl der Kontrolle und Befriedigung geben können, dürfen die eigenen Bedürfnisse und Leidenschaften nicht vernachlässigt werden. Es geht darum, sich selbst treu zu bleiben, die alten Hobbys wiederzuentdecken und neue Interessen zu entwickeln. Nur so kann man ein erfülltes Leben führen, das mehr beinhaltet als nur das Streben nach einem perfekten Zuhause. Hört auf eure innere Stimme und gönnt euch auch mal wieder den Aperol Spritz in der Nachmittagssonne mit den Mädels!
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