Attachment Parenting: Bindungsorientierte Erziehung für eine starke Beziehung

Eine harmonische Familie, strahlende Kinderaugen und eine Mutter, die in ihrer Rolle vollkommen aufgeht – wer träumt nicht davon? Doch gerade für Mütter, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen wollen, kann der Alltag schnell zur Zerreißprobe werden. In einer Welt, die oft von starren Strukturen und Erwartungen geprägt ist, suchen viele Eltern nach einem Weg, der es ihnen ermöglicht, eine tiefe, liebevolle Beziehung zu ihren Kindern aufzubauen, ohne dabei ihre eigenen Bedürfnisse zu vernachlässigen. Ein Ansatz, der in den letzten Jahren immer mehr Anhänger findet, ist das sogenannte Attachment Parenting, oder auf Deutsch: die bindungsorientierte Erziehung.

Was ist Attachment Parenting? Eine Reise zu tiefer Verbundenheit

Attachment Parenting ist mehr als nur eine Erziehungsmethode – es ist eine Philosophie, eine Lebenseinstellung, die auf den tiefen Wunsch nach einer innigen Beziehung zwischen Eltern und Kind basiert. Im Kern geht es darum, die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und feinfühlig darauf einzugehen, um so eine sichere Basis zu schaffen, aus der heraus das Kind selbstbewusst und selbstständig die Welt erkunden kann. Es ist ein Weg, der Mut, Geduld und vor allem viel Liebe erfordert, aber der auch mit einer unvergleichlichen Nähe und einem tiefen Vertrauen belohnt wird. Gayle Weill, eine anerkannte Expertin für Familienbeziehungen, betont, dass Attachment Parenting darauf abzielt, eine sichere, verlässliche Umgebung zu schaffen, in der sich das Kind bedingungslos geliebt und verstanden fühlt. Diese Grundlage ist entscheidend für die Entwicklung gesunder, empathischer und sozial kompetenter Erwachsener.

Eine Mutter umarmt ihr Kind liebevoll.

Bindungsorientierte Elternschaft: Ein liebevoller Ratgeber

Die Wurzeln des Attachment Parenting reichen zurück zu Dr. William Sears und seiner Frau Martha, die in ihren eigenen Erfahrungen als Eltern und Ärzte die Bedeutung einer engen Eltern-Kind-Bindung erkannten. Sie entwickelten Prinzipien, die auf intuitives, responsives Verhalten der Eltern setzen und die natürliche Entwicklung des Kindes unterstützen sollen. Es geht darum, auf die Signale des Kindes zu hören, seine Bedürfnisse ernst zu nehmen und ihm Geborgenheit und Sicherheit zu geben. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Attachment Parenting ein starres Regelwerk ist. Vielmehr ist es ein Rahmen, der es Eltern ermöglicht, ihren eigenen Weg zu finden und die Bedürfnisse ihrer Familie in den Mittelpunkt zu stellen.

Die sieben Säulen des Attachment Parenting: Mehr als nur „die 7 B’s“

Oft wird Attachment Parenting auf die sogenannten „7 B’s“ reduziert: Birth Bonding (Bindung von Geburt an), Breastfeeding (Stillen), Babywearing (Tragen), Bedding Close By (Schlafen in der Nähe), Belief in Baby’s Cries (Glaube an die Schreie des Babys), Balance (Ausgeglichenheit) und Beware of Baby Training (Vorsicht vor Baby-Trainingsprogrammen). Diese Prinzipien sind zwar wichtige Aspekte, aber sie sind nicht die ganze Geschichte. Sie dienen als Leitfaden, um die Bedürfnisse des Kindes besser zu verstehen und darauf einzugehen, aber sie sollten nicht als starre Regeln betrachtet werden. Vielmehr geht es darum, eine liebevolle, unterstützende Umgebung zu schaffen, in der sich das Kind sicher und geborgen fühlt.

Es ist wichtig zu verstehen, dass Attachment Parenting kein Wettbewerb ist, bei dem es darum geht, alle „B’s“ perfekt umzusetzen. Es geht vielmehr darum, die eigenen Intuitionen zu nutzen, auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen und einen Weg zu finden, der für die gesamte Familie funktioniert. Jede Familie ist einzigartig, und was für die eine Familie gut ist, muss nicht unbedingt für die andere passen. Das Ziel ist es, eine tiefe, liebevolle Beziehung zum Kind aufzubauen und ihm eine sichere Basis zu geben, aus der heraus es die Welt erkunden kann. Es geht darum, präsent zu sein, zuzuhören, zu verstehen und bedingungslos zu lieben.

„Attachment Parenting ist keine Frage der Methode, sondern eine Frage der Haltung. Es geht darum, das Kind in seiner Einzigartigkeit anzunehmen und ihm die Liebe und Geborgenheit zu geben, die es für eine gesunde Entwicklung braucht.“

Geburt und Bindung: Ein magischer Moment

Der Moment der Geburt ist ein magischer Augenblick, der den Beginn einer lebenslangen Beziehung markiert. Das Prinzip des „Birth Bonding“ betont die Bedeutung des unmittelbaren Haut-zu-Haut-Kontakts zwischen Mutter und Kind nach der Geburt. Dieser Kontakt fördert nicht nur die Bindung, sondern hilft auch, die Temperatur des Babys zu regulieren und das Stillen zu initiieren. Es ist ein Moment der Intimität, der Geborgenheit und des Vertrauens, der die Grundlage für eine tiefe, liebevolle Beziehung legt. Sollte es Komplikationen geben, die diesen unmittelbaren Kontakt verhindern, ist es wichtig zu wissen, dass die Bindung auch später aufgebaut werden kann. Es ist ein Prozess, der Zeit und Geduld erfordert, aber der sich in jedem Fall lohnt.

Stillen: Mehr als nur Nahrungsaufnahme

Stillen ist nicht nur die natürlichste und gesündeste Art der Ernährung für das Baby, sondern auch eine wunderbare Möglichkeit, die Bindung zwischen Mutter und Kind zu stärken. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Babys in den ersten sechs Lebensmonaten ausschließlich zu stillen. Muttermilch enthält nicht nur alle wichtigen Nährstoffe und Antikörper, die das Baby für ein gesundes Wachstum benötigt, sondern fördert auch die Nähe und das Gefühl der Geborgenheit. Gayle Weill betont, dass Stillen weit mehr ist als nur Nahrungsaufnahme – es ist eine liebevolle Interaktion, die die emotionale Bindung zwischen Mutter und Kind vertieft. Für Mütter, die nicht stillen können oder möchten, gibt es jedoch viele andere Möglichkeiten, eine enge Bindung zu ihrem Kind aufzubauen. Wichtig ist, dass die Fütterung in einer liebevollen, zugewandten Atmosphäre stattfindet.

Tragen: Nähe und Geborgenheit im Alltag

Das Tragen des Babys in einer Trage oder einem Tragetuch ist ein weiteres wichtiges Prinzip des Attachment Parenting. Durch das Tragen ist das Baby immer nah bei der Mutter oder dem Vater, hört den Herzschlag, spürt die Wärme und Geborgenheit. Dies fördert nicht nur die emotionale Sicherheit des Babys, sondern ermöglicht es ihm auch, aktiv am Alltag teilzunehmen und die Welt aus einer sicheren Perspektive zu entdecken. Studien haben gezeigt, dass getragene Babys weniger schreien, besser schlafen und eine engere Bindung zu ihren Eltern entwickeln. Zudem haben Eltern die Hände frei um ihren Alltag zu meistern. Dieser Aspekt ist besonders für berufstätige Mütter interessant, die versuchen, ihre Kinder so oft wie möglich bei sich zu haben.

Schlafen in der Nähe: Geborgenheit auch in der Nacht

Das Prinzip des „Bedding Close By“ betont die Bedeutung des Schlafs in der Nähe des Babys. Während einige Eltern sich für das Familienbett entscheiden, bevorzugen andere es, das Baby im eigenen Bettchen im selben Zimmer schlafen zu lassen. Die American Academy of Pediatrics (AAP) empfiehlt, Babys in den ersten sechs Monaten im selben Zimmer wie die Eltern schlafen zu lassen, jedoch auf einer separaten Schlafunterlage, um das Risiko des plötzlichen Kindstods (SIDS) zu verringern. Das Schlafen in der Nähe ermöglicht es den Eltern, schnell auf die Bedürfnisse des Babys zu reagieren, sei es zum Stillen, Trösten oder einfach nur, um ihm die Gewissheit zu geben, dass es nicht allein ist. Es fördert das Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit, das für eine gesunde Entwicklung unerlässlich ist.

Glaube an die Schreie des Babys: Eine Sprache verstehen lernen

Im Attachment Parenting wird das Schreien des Babys nicht als Manipulation oder Ausdruck von Trotz gesehen, sondern als Kommunikationsmittel. Babys schreien, um ihre Bedürfnisse auszudrücken, sei es Hunger, Müdigkeit, Unbehagen oder einfach nur das Bedürfnis nach Nähe. Es ist wichtig, auf diese Signale zu achten und feinfühlig darauf zu reagieren. Dies bedeutet nicht, dass man jedes Bedürfnis sofort erfüllen muss, aber es bedeutet, dass man das Baby ernst nimmt, versucht, seine Bedürfnisse zu verstehen und ihm die Geborgenheit und Sicherheit zu geben, die es braucht. Durch diese responsive Haltung lernt das Baby, dass seine Bedürfnisse wahrgenommen und respektiert werden, was das Vertrauen und die Bindung stärkt.

Balance: Auch Mütter haben Bedürfnisse

Attachment Parenting kann sehr fordernd sein, besonders für Mütter, die auch noch berufstätig sind. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass auch Mütter Bedürfnisse haben und dass es nicht egoistisch ist, sich Zeit für sich selbst zu nehmen. Cheryl Groskopf, eine erfahrene Therapeutin, betont, dass Ausgeglichenheit ein Schlüsselfaktor für ein erfolgreiches Attachment Parenting ist. „Man kann nicht aus einer leeren Tasse schöpfen“, sagt sie. Es ist wichtig, sich Unterstützung zu suchen, sei es von Partner, Familie, Freunden oder professionellen Helfern. Es ist in Ordnung, um Hilfe zu bitten, Pausen einzulegen und sich Zeit für die eigenen Interessen und Bedürfnisse zu nehmen. Nur so können Mütter die Kraft und Energie aufbringen, die sie für ein liebevolles, responsives Elternsein benötigen.

Vorsicht vor Baby-Trainingsprogrammen: Auf die eigene Intuition hören

Attachment Parenting steht im Gegensatz zu Baby-Trainingsprogrammen, die darauf abzielen, Babys durch bestimmte Methoden, wie z.B. das Schreienlassen, an bestimmte Routinen zu gewöhnen. Im Attachment Parenting steht die individuelle Reaktion auf die Bedürfnisse des Babys im Vordergrund. Es geht darum, die Signale des Babys zu verstehen und feinfühlig darauf zu reagieren, anstatt zu versuchen, es in ein bestimmtes Schema zu pressen. Dies bedeutet nicht, dass Routinen schlecht sind, aber sie sollten sich an den Bedürfnissen des Babys orientieren und nicht umgekehrt. Es geht darum, auf die eigene Intuition zu hören und einen Weg zu finden, der für die gesamte Familie funktioniert.

Die Vorteile des Attachment Parenting: Eine Investition in die Zukunft

Attachment Parenting bietet zahlreiche Vorteile, sowohl für das Kind als auch für die Eltern. Kinder, die in einer liebevollen, responsiven Umgebung aufwachsen, entwickeln ein starkes Selbstbewusstsein, ein gesundes Vertrauen in sich selbst und andere und eine hohe soziale Kompetenz. Sie sind besser in der Lage, Beziehungen einzugehen, Konflikte zu lösen und mit Stress umzugehen. Eltern, die Attachment Parenting praktizieren, berichten oft von einer tieferen Verbindung zu ihrem Kind, einem größeren Verständnis für seine Bedürfnisse und einem erfüllteren Familienleben. Taylor Rathus, eine Expertin für kindliche Entwicklung, betont, dass Attachment Parenting die Dynamik innerhalb der Familie verbessert, da es offene Kommunikation und responsives Zuhören fördert.

Missverständnisse ausräumen: Attachment Parenting ist keine Verwöhnung

Eines der größten Missverständnisse über Attachment Parenting ist, dass es zu verwöhnten Kindern führt. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Studien haben gezeigt, dass Kinder, die mit einer sicheren Bindung aufwachsen, eher dazu neigen, selbstständig und unabhängig zu werden. Sie haben gelernt, dass sie sich auf ihre Eltern verlassen können, dass ihre Bedürfnisse ernst genommen werden und dass sie bedingungslos geliebt werden. Dies gibt ihnen die Sicherheit und das Vertrauen, das sie brauchen, um die Welt zu erkunden und ihre eigenen Wege zu gehen. Ein weiteres Missverständnis ist, dass Attachment Parenting konstante körperliche Nähe oder bestimmte Praktiken wie langes Stillen oder Co-Sleeping erfordert. In Wirklichkeit geht es beim Attachment Parenting um emotionale Responsivität und die Anpassung an die individuellen Bedürfnisse der Familie.

Ist Attachment Parenting das Richtige für mich? Eine persönliche Entscheidung

Ob Attachment Parenting der richtige Weg für eine Familie ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. den persönlichen Werten, dem Lebensstil, dem Unterstützungsnetzwerk und den individuellen Bedürfnissen des Kindes und der Eltern. Es ist wichtig, sich selbst ehrlich zu reflektieren und zu prüfen, ob die Prinzipien des Attachment Parenting mit den eigenen Überzeugungen und Zielen übereinstimmen. Es gibt keine allgemeingültige Antwort, und es ist in Ordnung, sich für einen anderen Weg zu entscheiden. Wichtig ist, dass die Entscheidung bewusst getroffen wird und dass sie auf den Bedürfnissen der gesamten Familie basiert. Gayle Weill betont, dass Attachment Parenting eine Philosophie ist, kein Regelbuch. Letztendlich ist der richtige Erziehungsstil derjenige, der die Bedürfnisse von Kind und Eltern erfüllt und eine gesunde, glückliche Umgebung für alle Beteiligten schafft.

Fazit: Ein liebevoller Weg zu einer starken Bindung

Attachment Parenting ist ein liebevoller, intuitiver Ansatz, der darauf abzielt, eine tiefe, sichere Bindung zwischen Eltern und Kind aufzubauen. Es geht darum, die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und feinfühlig darauf einzugehen, ihm Geborgenheit und Sicherheit zu geben und es in seiner Entwicklung zu unterstützen. Die sieben Säulen des Attachment Parenting – Birth Bonding, Breastfeeding, Babywearing, Bedding Close By, Belief in Baby’s Cries, Balance und Beware of Baby Training – dienen als Leitfaden, um die Bedürfnisse des Kindes besser zu verstehen und darauf einzugehen. Attachment Parenting bietet zahlreiche Vorteile, sowohl für das Kind als auch für die Eltern, und trägt dazu bei, selbstbewusste, sozial kompetente und glückliche Menschen heranzuziehen. Es ist wichtig zu betonen, dass Attachment Parenting kein starres Regelwerk ist, sondern eine Philosophie, die es Eltern ermöglicht, ihren eigenen Weg zu finden und die Bedürfnisse ihrer Familie in den Mittelpunkt zu stellen. Letztendlich ist der richtige Erziehungsstil derjenige, der die Bedürfnisse von Kind und Eltern erfüllt und eine gesunde, glückliche Umgebung für alle Beteiligten schafft.

QUELLEN

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